„Ich kenne beide Seiten“: Marco wird Jugend- und Heimerzieher

Mariaberg

Hermerzieher-Azubis in Mariaberg

Ayham kam aus Marokko und war schwer zu packen. Er war eben in einer völlig anderen Kultur aufgewachsen. Was die Betreuer in der Inobhutnahmestelle des Jugendamtes auch versuchten, es gelang nicht so recht, ihn davon zu überzeugen, dass sie ihm helfen wollten, sein Leben auf die Reihe zu kriegen. Bis Marco mit seiner Gitarre kam. Sie spielten zusammen und Ayham fasste Vertrauen.

Marco lernt Jugend- und Heimerzieher am Diakonischen Institut in Mariaberg. „Ich kenne beide Seiten, denn ich bin selbst mit 17 freiwillig ins betreute Jugendwohnen gegangen, weil die Konflikte zwischen meiner alleinerziehenden Mutter und mir ausgeartet sind“, erzählt er, „Seither wollte ich einen sozialen Beruf machen.“

Die Geschichte mit Ayham ging nicht gut aus. Wegen vieler Straftaten wurde die Zusammenarbeit mit ihm abgebrochen. Sowas macht traurig, findet Marco: „Dann fragt man sich: Was hätte ich besser machen können?“ Für solche Fragen hat er in der Ausbildung einen Mentor, mit dem er alles gemeinsam durchspricht. Zumindest haben Ayham und er noch Kontakt über Facebook. Trotz solcher Rückschläge – Jugendliche in schwierigen Phasen zu unterstützen, ist das, was Marco machen will.

Marcos Aufgaben:

  • Wochenpläne mit Zielen und Förderangeboten für die Jugendlichen aufstellen
  • Förderangebote aus den Bereichen Musik, Sport, Kunst, Werken oder Sprachförderung auf die Beine stellen
  • Ausflüge, Feste und Ferienprogramme organisieren
  • mit Jugendlichen Strategien für Konfliktsituationen einüben
  • mit Schulen, Ausbildungsbetrieben, Ärzten und Jugendämtern zusammenarbeiten

Die Ausbildung kann unterschiedlich laufen: entweder man geht erst zwei Jahre zur Schule und macht dann sein Anerkennungsjahr in der Praxis oder sie ist von Anfang an in Praxisphasen und Schulblöcke unterteilt. So ist das bei Marco. Seine Praxisstelle ist eine Außenwohngruppe des Mariaberg e.V. für Jugendliche zwischen 13 und 18. „Wir finden ihre Stärken und Schwächen heraus und fördern ihre Selbstständigkeit“, erzählt Marco, „Wenn sie sagen: ‚Das pisst mich alles an, ich sehe keine Zukunft!‘, dann sage ich ihnen: ‚Ich hab das auch schon durch. Im Moment geht es vielleicht etwas schleppend voran, aber du wirst bald merken, dass du Fortschritte machst.‘“

Wenn die Jugendlichen absolut uneinsichtig sind, versucht Marco es mit Belohnungen. „Jeder macht irgendwas gerne. Ich versuche rauszufinden, was es ist. Wenn ein Jugendlicher gerne kickt, gehe ich eben mit ihm kicken.“ Nach der Ausbildung will Marco Soziale Arbeit studieren und Streetworker werden.

  • Im Experteninterview berichtet Schulleiterin Dr. Elke Steinbacher von der Fachschule für Sozialwesen der Sophienpflege in Tübingen darüber, wie sich der Heimerzieher vom „normalen“ Erzieher unterscheidet und wie sich der Beruf in den letzten Jahren verändert hat.
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