Nadja (18) hat in ihrem Diakonischen Jahr im Ausland gleich zwei Einsatzstellen: ein italienisches Seniorenheim und eine deutschsprachige Kirchengemeinde in Florenz. Am liebsten macht sie die wöchentlichen Besuchsdienste bei einer älteren Dame.
Im September 2011 ging das große Abenteuer los, und ich muss zugeben, hätte ich am Flughafen die Möglichkeit gehabt, einfach umzudrehen und nach Hause zu fahren, so hätte ich diese mit großer Dankbarkeit angenommen. So hatte ich nach monatelanger Vorfreude schlagartig einfach nur Angst! Doch meine erste Woche in Italien war sprichwörtlich „ La Dolce Vita“, und es waren alle Zweifel wie weggeblasen. Beim Einführungsseminar in Florenz haben wir das Flair und Lebensgefühl der Florentiner kennengelernt und ich glaube, dass wir uns alle in die Stadt verliebten.
Mit großem Optimismus bezogen wir „unser Zuhause“ für die nächsten 11 Monate. Die Wohnung erschien ein wenig heruntergekommen. Im Nachhinein kann ich aber sagen, dass sie wirklich in Ordnung ist und es in dem Moment ein kleiner Schock gewesen war, weil man einen anderen Standard gewöhnt ist. Nun lebe ich hier mit 2 anderen Freiwilligen, Barbara und David. Jeder von uns hat sein eigenes Zimmer, wobei meins gleichzeitig das Wohnzimmer ist. Anfangs tat ich mich ein wenig schwer damit, aber nun kann ich sagen, dass ich mich damit arrangiert habe. Falls ich Zeit für mich brauche, gibt es unendliche viele Möglichkeiten in dieser großen Stadt, wie die Bibliothek, ein Café oder auch nur einfach eine Radtour am Arno entlang.
Über meine beiden Einsatzstellen kann ich nur Positives berichten. Das Altenheim „Il Gignoro“ hat ca. 60 Bewohner, die sich auf einen Wohnbereich für Alzheimerpatienten und ein „Centro Diurno“ (Tagespflege) verteilen. Ich mache das „Pulmino“, einen Fahrdienst, der die Menschen der Tagespflege morgens abholt und abends wieder nach Hause bringt. Dann gibt es noch „Animazione“, was ich drei Mal in der Woche zusammen mit einer Animateurin mache. Montags malen wir mit den alten Menschen, donnerstags wird für alle Bewohner ein Dokumentarfilm angeboten und am Freitag findet für alle Bewohner ein „kleines Musikfest“ statt, wo ausgiebig italienische Lieder gesungen werden und auch getanzt wird.
Das Gignoro bietet auch einen „Servizio“ (Besuchsdienst) für ältere Menschen, die alleinstehend sind, an. Eine ältere Dame besuche ich wöchentlich. Am Anfang fiel es mir ziemlich schwer aufgrund der Sprache, weil ich wahrhaftig so gut wie nichts verstanden habe. Aber jetzt, nach knapp 6 Monaten, muss ich sagen, dass mir dieser „Servizio“ am besten gefällt, weil einem bei jedem Besuch unendlich viel Dankbarkeit entgegen kommt.
Hingegen fiel mir der Start in meiner zweiten Einsatzstelle, in der deutschen Auslandsgemeinde Chiesa Luterana Firenze, um einiges leichter. Ich muss sagen, dass die Arbeit in der Gemeinde meine Vorstellungen und Erwartungen komplett übertroffen hat. Der Pfarrer und seine Frau bemühen sich mit allen Kräften, dass ein aktives Gemeindeleben bestehen bleibt, und bieten viel Programm an. Jeden Mittwochnachmittag findet eine Frauenrunde statt, in der über religiöse oder gesellschaftliche Themen diskutiert wird. Außerdem gibt es noch die Jugendgruppe und Kindergruppe, die sich einmal im Monat trifft. Momentan ist leider nur das Problem, dass es an Kindern und Jugendlichen mangelt und es oft vorkommt, dass nur 1 bis 2 Kinder oder Jugendliche kommen. Es liegt einfach daran, dass die deutsche Auslandsgemeinde ein großes Einzugsgebiet hat und die Menschen meist weite Wege auf sich nehmen müssen, nur um für 2 bis 4 Stunden in der Kirche zu verweilen.
Wie ich oben schon erwähnt habe, fiel es mir mit der Sprache am Anfang überhaupt nicht leicht. Natürlich freut es mich jetzt nach 6 Monaten umso mehr, dass ich so gut wie alles verstehen kann und dass ich einen enormen Fortschritt gemacht habe. Dennoch tat ich mich am Anfang sehr schwer damit und fand es beruhigend, dass es noch andere deutsche Freiwillige gab, mit denen man sich austauschen und nach Rat fragen konnte. Die Betreuung im Einsatzland ist spitze. Unsere erste Ansprechpartnerin und Mentorin Cecilia ist super. Wenn irgendein Problem aufkommt, ist sie immer erreichbar und hilft uns aus jeder kniffeligen Situation. Auch war das Zwischenseminar von der italienischen Organisation der Waldenser sehr gut, weil man den direkten Austausch mit anderen Freiwilligen hatte und es noch für jeden Einzelnen ein Gespräch gab, in dem gefragt wurde, wie es uns geht und ob alles in Ordnung ist.
Nach der ersten Hälfte meines Dienstes kann sagen, dass ich für mein Leben dazu gelernt habe. Natürlich habe ich an Selbstständigkeit und Verantwortung gewonnen, aber ich bin auch ein Stück reifer geworden und fühle mich nicht mehr so sehr abhängig von meinem Zuhause in Deutschland, meiner Familie und meinen Freunden. Noch vor Weihnachten habe ich mir immer Sorgen gemacht, ich könnte etwas verpassen oder ich würde vielleicht den Anschluss zu meinen Freunden verlieren. Als ich Weihnachten in Deutschland verbrachte, ist mir klar geworden, dass ich im Grunde nichts verpasse und es ein schönes Gefühl ist, dass man sich schon innerhalb einer Minute im Familien- und Freundeskreis so unendlich wohl und angenommen fühlt, als wäre man gar nicht fort gewesen. Nun denke ich mir, was ist schon ein Jahr? Man sollte in allen Zügen den Dienst genießen und dankbar sein, dass man so eine Chance bekommen hat. Ich habe in dieser Zeit schon so viel erlebt, dass es mir gar nicht wie ein halbes Jahr vorkommt. Nun freue ich mich auf den Frühling und Sommer in der wohl schönsten Stadt der Welt J – Florenz! Tanti Saluti, Nadja
Alle Infos zum Diakonischen Jahr im Ausland hier.
Nadja macht ein Diakonisches Jahr im Ausland (DJiA) über die Evangelischen Freiwilligendienste für junge Menschen FSJ und DJiA gGmbH (www.djia.de).
Ihr Dienst wird gefördert über das Programm „Internationaler Jugendfreiwilligendienst“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Der Einsatz in der deutschsprachigen Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Florenz findet in Kooperation mit dem Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) statt (www.ekd.de).