Ist die neue generalistische Pflegeausbildung oberflächlich? Oder zu anspruchsvoll? Fünf Antworten auf häufige Fragen gibt die Schulleiterin der Pflegerischen Schulen der Diakonissen Speyer-Mannheim Tanja Schaller.
Was ist das Besondere an der generalistischen Pflegeausbildung?
Tanja Schaller: Das Besondere an unserer Ausbildung ist, dass alle drei Berufsgruppen – Gesundheits- und Kinderkrankenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege und Altenpflege – drei Jahre lang gemeinsam in einer Klasse unterrichtet werden. Unsere Schülerinnen und Schüler werden in der generalistischen Ausbildung mit allen Altersgruppen konfrontiert, in der Theorie wie auch in der Praxis.
Davon profitieren die einzelnen Berufsgruppen sehr: Die Auszubildenden aus der Altenpflege zum Beispiel lernen viele spezielle Verbandstechniken kennen. Das ist wichtig, weil immer mehr Bewohner in Pflegeheimen mit aufwendigen Verbänden aus dem Krankenhaus entlassen werden. Die Schülerinnen und Schüler der Gesundheits- und Krankenpflege wiederum profitieren von den Ausbildungsinhalten, die sich umfänglicher als in der Regelausbildung mit dem Thema alter Mensch beschäftigen. In den Kliniken gibt es ja auch immer mehr alte und demenziell erkrankte Menschen.
Warum sollte ich mich als zukünftiger Auszubildender für diese Ausbildung entscheiden?
Schaller: Als Auszubildender lerne ich alle Bereiche kennen und kann mich schnell in unterschiedliche Aufgaben einarbeiten, da ich auf ein umfassendes Grundlagenwissen der verschiedenen Berufsgruppen zurückgreifen kann. Die Azubis bewerben sich zwar zu Beginn direkt für ein Tätigkeitsfeld, wie zum Beispiel das der Altenpflege, sie können sich aber auch bis zur Hälfte der Ausbildung noch einmal umorientieren und in einen anderen Bereich wechseln.
Unsere Schülerinnen und Schüler haben zudem an unserer Schule die Möglichkeit, nach Abschluss der dreijährigen Ausbildung und somit einem Berufsabschluss, die Ausbildung um sechs Monate zu verlängern und einen zweiten Berufsabschluss zu erwerben. Allgemein melden uns die Heimleitungen zurück, dass die generalistisch ausgebildeten Schülerinnen und Schüler im Bereich der speziellen Pflege fitter sind, als klassisch qualifizierte. Unsere Auszubildenden werden von vielen Einrichtungen umworben – die Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind sehr gut.
Für was qualifiziert mich die Ausbildung genau, das heißt, wo kann ich später überall arbeiten?
Schaller: Grundsätzlich kann man nach der Ausbildung in den gleichen Bereichen arbeiten, wie andere examinierte Pflegekräfte auch. Allerdings zeigt sich, dass unsere Absolventinnen und Absolventen attraktiver für den Arbeitsmarkt sind, wenn es um bestimmte Schwerpunktstationen geht, zum Beispiel wenn ein Krankenhaus einen Betreuungsbereich für dementiell erkrankte Menschen plant. Unsere Schülerinnen und Schüler der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege werden auch sehr gerne auf Entbindungsstationen eingestellt, weil sie Mutter und Kind optimal versorgen können.
Ist die generalistische Ausbildung oberflächlicher als andere Ausbildungen in der Pflege?
Schaller: Die Herausforderung bei der generalistischen Ausbildung ist es, zu versuchen, allen Berufsgruppen gerecht zu werden. Es ist erforderlich, bisherige berufsgruppenspezifische Inhalte zu reduzieren oder zu kürzen. Man muss im Blick haben und berücksichtigen, wie sich die Aufgabenbereiche in den verschiedenen Institutionen verändert haben. Wo liegen die Tätigkeitsschwerpunkte der einzelnen Akteure? Die generalistische Ausbildung reagiert auf diese Veränderungen. Aufgrund der Entwicklungen im Rahmen der Pflegewissenschaft ist es natürlich erforderlich, sich – entsprechend seines Tätigkeitsfeldes – kontinuierlich weiter zu qualifizieren und sich immer auf dem neuesten Stand zu halten.
Ist die Ausbildung also im Vergleich arbeitsintensiver als andere Ausbildungen im Bereich der Pflege?
Schaller: Ich denke, dass die Ausbildung, egal in welcher Form, sehr arbeitsintensiv ist. Den Schülerinnen und Schülern muss es gelingen, sich auf alle Altersgruppen einzustellen – in der Theorie als auch in der Praxis. Pflege ist eine anspruchsvolle Tätigkeit und erfordert eine anspruchsvolle Ausbildung. Die Anforderungen an die Auszubildenden sind in der Vergangenheit deutlich gestiegen und werden es zukünftig noch mehr tun.
Interview: Diakonie/Stephanie Häfele