„90 jähriger Patient mit Herzinfarkt in 5 Minuten“. Alle begeben sich auf ihre Plätze. Das EKG-Gerät wird bereits in den „Schockraum“ gestellt, denn gleich muss alles schnell gehen. Ein Adrenalin-Kick nach dem anderen. So gestaltet sich der Alltag in der Notaufnahme des Bethesda Krankenhauses Bergedorf, wo ich seit zwei Wochen eingesetzt bin. Langweile kennt man hier nicht. Das Wartezimmer ist meistens voll und parallel parkt ein Rettungswagen nach dem anderen vor der Einfahrt. Unklare Brustschmerzen, Ileus (akuter Darmverschluss), Frakturen (Brüche), Gallensteine… Hier wird quasi das gesamte Wissen aus drei Jahren Krankenpflegeausbildung abverlangt, was für mich, kurz vor dem Examen, die perfekte Verknüpfung von theoretischer Krankheitslehre zu praktischer Umsetzung ermöglicht.
Um ein wenig Ordnung in diese kunterbunte Vielfalt zu bringen, gliedert sich die Notaufnahme in einen internistischen sowie einen chirurgischen Teil, sodass jeder Patient direkt vom richtigen Spezialisten behandelt werden kann. Die Pflegekräfte teilen sich zu Beginn jeder Schicht in die Fachrichtungen auf, wobei ich als Schülerin meist hin und her switche. Ein EKG hier, ein Wundverband da. Das pure Paradies eines jeden Lernenden.
Besonders anstrengend wird die Arbeit, wenn man zwischendurch betrunkene oder psychisch auffällige Patienten betreuuen muss. In nicht seltenen Fällen muss dann sogar die Polizei benachrichtigt werden. Bestes Beispiel: Dienstag, 10 Uhr morgens in der Notaufnahme: ein betrunkener Patient schiebt sein Fahrrad (!) seelenruhig in den Wartebereich. Die Schwestern reagieren sofort: „Bitte das Fahrrad draußen abstellen“. „Ich hab aber kein Schloss“ lallt er zurück. Welch plausible Erklärung :D. Nach langer Diskussion fängt er an herumzuschreien und steht schließlich biertrinkend vor dem Eingang.
Nicht selten werden eingenässte, völlig heruntergekomme und kaum mehr ansprechbare Patienten mit mehr als 4 Promille von den Sanitätern gebracht, die dann einige Stunden in der Notaufnahme verbringen um auszunüchtern. Irgendwann hauen sie dann einfach ab. Das wars. Bis zum nächsten Mal. Jedesmal eine Geduldsprobe für das Krankenpflege-Team. Man kommt regelmäßig an seine Grenzen. Vor einigen Tagen sollte ich einer Borderline-Patienten die aufgeschnittenen Arme verbinden. Sie saß vollkommen ruhig im Stuhl, während meine Gänsehaut gar nicht mehr zu verschwinden schien. Auch sie wird wohl immer wieder kommen.
Grüße von Svenja
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