Um pünktlich zu Beginn der Frühschicht im Pflegeheim des Lazarus Hauses der Diakonie Stiftung Lazarus in Berlin zu sein, hat sich Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig gestern am Internationalen Tag der Pflege extra zeitig den Wecker gestellt. „Ich hatte nicht den Eindruck, dass es easy going ist!“, resümiert Schwesig, nachdem sie bei der Vorbereitung des Frühstücks geholfen, am Unterricht in der Lazarus Altenpflegeschule teilgenommen und ein öffentliches Gespräch zur Reform der Pflegeausbildung mit Schulleitung, Pflegekräften und Schülern geführt hat.
„Welchen Herausforderungen steht die Altenpflege gegenüber? Und wie stehen Sie zur geplanten Einführung einer generalistischen Ausbildung für Pflegeberufe?“, möchte die Ministerin wissen. Die generalistische Ausbildung in der Pflege sieht eine Zusammenlegung und Gleichstellung von Alten-, Kinderkranken- und Krankenpflegeausbildung vor und ist der Versuch, diese Berufe auf gleiche Augenhöhe zu bringen. Die Gefahr, dass sich am Ende der Ausbildung nur wenige für einen Arbeitsplatz in der Altenpflege entscheiden und die Mehrheit der Absolventen in der Kinderkranken– oder Krankenpflege arbeiten wird, wie von einem Altenpflegeschüler vermutet, sieht Frau Schwesig nicht. Vielmehr eröffne eine generalistische Ausbildung die Chance auf Zuwachs an Altenpflegefachkräften, da durch den Pflicht-Praxiseinsatz in Altenpflegeeinrichtungen die Möglichkeit gegeben ist, dieses Arbeitsfeld kennenzulernen und Vorurteile abzubauen. Auch die Befürchtung, eine berufsbegleitende Ausbildung sei nach Umstellung auf eine generalistische Pflegeausbildung nicht mehr möglich, weist Ministerin Schwesig zurück. Es müsse verschiedene Möglichkeiten geben zu einem Abschluss zu kommen. Teilzeitausbildungen und -umschulungen sollen also auch weiterhin möglich sein, Spezialisierungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen und insgesamt eine höhere Durchlässigkeit gefördert werden.
Die Herausforderungen der Pflege heute: „Zeitdruck, Zeitdruck, Zeitdruck!“ Das bestätigen auch die Schülerinnen und Schüler im Lazarus Haus. Und dieser Ruf scheint durchgedrungen zu sein. Die Diakonie habe sich schon vor einigen Jahren für einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff eingesetzt, erwähnt Manuela Schwesig, als sie die Ablösung der 3 Pflegestufen durch 5 Pflegegrade ohne Minutenpflege als einen Punkt der geplanten Pflegereform vorstellt. Neben der Modernisierung der Ausbildung durch die Umstellung auf die generalistische und schulgeldlose Ausbildung, ist unter anderem auch die Erhöhung des Pflegeversicherungsbeitrags um 0,5 % vorgesehen, um mehr Pflegezeit für den Patienten und eine bessere Bezahlung der Pflegenden zu finanzieren.
„Wieso sollte man sich gerade für die Altenpflege entscheiden, Frau Schwesig?“, lautet die Frage der Schulleiterin Sabine Leich am Ende des Gesprächs mit Blick auf eine Klasse von Sozialassistenten, die kurz vor ihrem Abschluss stehen. Einige von ihnen werden in naher Zukunft die Entscheidung treffen, ob eine weitere Ausbildung im Bereich Sozialpädagogik oder Altenpflege folgen wird. Mit einem Schmunzeln im Gesicht antwortet die Familienministerin, zu deren Aufgabenbereich auch Kindertageseinrichtungen gehören: „Wer sich für die Altenpflege entscheidet, kann nichts falsch machen“, doch diese Entscheidung müsse auch im Herzen gewendet werden. Altenpflege sei nicht nur Fachwissen, sondern auch Herzensangelegenheit.
Text und Fotos: Kathrin Stetter