Sich für einen Beruf zu entscheiden, ist sowieso schon nicht leicht. Aber wenn man dann noch Probleme zu Hause hat, wird es noch schwieriger. Zum Glück hat Nadine (24) Hilfe bekommen und ist jetzt Azubine zur Hotelfachfrau im Zentrum für Erwachsenenbildung (ZEB) des Stephansstiftes Hannover, das zur Diakonie gehört. Am liebsten macht sie die Hauswirtschaft!
Nadine, dein Leben lief ja nicht immer geradeaus. Erzähl mal!
Ich hab mal ein halbes Jahr in der Psychiatrie Langenhagen gelebt. Nach diesem Aufenthalt suchten meine Sozialarbeiterin und ich Möglichkeiten für mich, wieder in ein normales Leben zu finden. Eines stand fest, nach Hause zurück wollte ich auf keinen Fall. Zufälligerweise war meine Sozialarbeiterin eine ehemalige Mitarbeiterin des Stephansstiftes Hannover und nahm Kontakt zu den Therapeutischen Wohngruppen dort auf. Nach einem Infogespräch zog ich dann in die therapeutische Wohngruppe Drachenburg ein.
Und wie ging es dann dort für Dich weiter?
Ich habe einen Paten (einen anderen Jugendlichen aus der WG) und einen Bezugsbetreuer bekommen. Die haben mir alles gezeigt und erklärt. Besonders wichtig für mich war, dass ich immer, egal ob Tag oder Nacht, einen Ansprechpartner in der WG hatte. Insgesamt habe ich drei Jahre in der Drachenburg gelebt, davon ein Jahr im so genannten „Auswilderungsbereich“. Danach bin ich in meine erste eigene Wohnung gezogen!
Und wie bist Du dann auf deine Ausbildung gekommen?
Tja, das ist eher zufällig passiert. Das Zenturm für Erwachsenenbildung (ZEB) ist auch auf dem Gelände des Stephansstiftes, schräg gegenüber von der Drachenburg. Nach einigen Praktika in verschiedenen Kindertagesstätten ging ich zur Rezeption des ZEB und fragte dort nach, ob ich ein Praktikum als Hauswirtschaftskraft absolvieren könnte. Und tatsächlich: Schon eine Woche später konnte ich anfangen! Schön, dass nicht immer alles in meinem Leben kompliziert ist. Das Praktikum lief super und wir verlängerten es auf ein Jahr. Eigentlich wollte ich dann die Ausbildung zur Hauswirtschaftskraft beginnen, aber mein Ausbilder Herr Röbbecke kann nur Hotelfachkräfte ausbilden und so kam ich dann zu der Ausbildung.
Und wie läuft die Ausbildung bisher, wie geht es Dir damit?
Ganz gut. Seit Januar bin ich in der Rezeption tätig. Das macht mir Spaß. Dennoch arbeite ich lieber in der Hauswirtschaft bzw. im Service. Ich sitze nicht gerne am Schreibtisch, sondern arbeite lieber körperlich. Das ZEB ist für mich genau der richtige Betrieb, alles ist relativ klein und familiär. Man kennt sich untereinander und unterstützt sich: Ich habe zum Beispiel seit meiner Erkrankung fast ausschließlich langärmlige Oberteile getragen, damit man die vielen Narben auf meine Armen nicht so sieht, welche durch mein selbstverletzendes Verhalten entstanden sind. Letzen Sommer, als es sehr warm war, sagte eine liebe Kollegin zu mir: „Komm, es ist so heiß, zieh mal das langärmlige Oberteil aus!“. Erst wollte ich nicht, doch dann hab ich mich getraut. Und jetzt ist es für mich völlig normal im T-Shirt zur Arbeit zu gehen. Einige Kollegen haben mich gefragt, was das für Narben sind. Dann hab ich es kurz erklärt und keiner hat komisch reagiert.
Was war bis jetzt das „Highlight“ während Deiner Ausbildung?
Im letzen Jahr hatten wir eine Veranstaltung der SPD bei uns, Frau Doris Schröder-Köpf sollte kommen. Ich stand oben in den neuen Veranstaltungsräumen an der Theke und auf einmal waren auf der Treppe überall Kameras und Mikrofone zu sehen. Und wer kam dann da? Nicht nur Frau Schröder-Köpf, sondern auch ihr Ehemann, der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder. Herr Schröder sprach mich dann auch persönlich an! Außerdem bekomme ich in den kommenden Sommerferien wahrscheinlich die Möglichkeit, im Rahmen meiner Ausbildung ein vierwöchiges Praktikum in einem Hotel in London zu machen. Das ist natürlich das absolute Highlight für mich, zumal ich noch nie in London war.
Und wie soll es nach Deiner Ausbildung weitergehen? Wie ich von Herrn Röbbecke gehört habe, würde Dich das ZEB gerne, wenn Du so weitermachst, nach der Ausbildung übernehmen.
Eine Übernahme nach der Ausbildung wäre toll! Und irgendwann übernehme ich dann den Job von Herrn Röbbecke!
Vielen Dank und viel Erfolg weiterhin für dich, Nadine! Alle Infos zur Hauswirtschaftsausbildung findet ihr hier!