Es ist nicht leicht, meinen Freiwilligendienst bei der Nikolauspflege zu beschreiben. Zunächst hielt ich es für ausgeschlossen, dass meine Bewerbung überhaupt berücksichtigt wird. Ich hatte keinerlei Vorerfahrung mit Menschen mit Behinderung und hatte auch nicht vor, eine Ausbildung im pflegerischen Bereich zu machen oder etwas Derartiges zu studieren.
Entgegen dieser Vermutung wurde ich eingestellt, als FSJ-Kraft auf der Wohngruppe. Zugegebenermaßen war ich anfangs skeptisch, aber die Offenheit der meisten Klienten hat mich sie schnell ins Herz schließen lassen. Für die Beziehung zu den Klienten wäre als Begriff eine Mischung aus „Freundschaft“ und „Bekanntschaft“ richtig, denn innerhalb der Zeit, die ich mit ihnen verbracht habe – und das hätte ich vorher wirklich nicht für möglich gehalten – lernt man sich gegenseitig kennen und schätzen, mit Vorlieben und Abneigungen. Die Introvertiertheit meinerseits wurde recht schnell abgebaut, sei es gegenüber Kollegen oder Klienten, weil man vor allem bei Letzteren zumindest temporär ein wichtiger Teil und eine Bezugsperson im Alltag geworden ist.
Ich kann sagen, dass jede einzelne Erfahrung mich ein Stück bereichert hat. Natürlich gibt es auch fachliche Tätigkeiten, die ich während der Zeit erlernt habe. Aber in Relation zu den Dingen, die ich über mich selbst erfahren habe, was beispielsweise Außenwirkung, Talente, Selbstreflexion und andere Charaktereigenschaften betrifft, rücken diese in den Hintergrund. Ich habe nicht nur erfolgreich 10 Monate überbrückt (und nebenbei etwas Geld verdient), sondern wurde auch menschlich geprägt, erwachsener, reifer. Natürlich gab es auch Momente, in denen ich lieber am Wochenende weggefahren wäre, statt zu arbeiten. Aber welches Leben besteht nur aus Höhepunkten? Ich würde diese Erfahrung nicht missen wollen. Ich weiß, dass pflegerische Tätigkeiten nichts für jeden sind. Allerdings umfasste ein Dienst von mir viel mehr Facetten: beispielsweise pädagogische Arbeit, Unterhaltung und Kommunikation.
Abschließend möchte ich mich mit diesem Artikel bei meiner Wohngruppe, dem „Südstern“, für die wunderbare Zeit bedanken, für alle schönen und alle langen Dienste – sowohl bei meinen Kollegen, als auch bei meinen Klienten, die mich wohl beide mindestens ebenso sehr vermissen wie ich sie?
Daher noch ein schöner Satz, der mir nach einem arbeitsreichen Wochenende in den Sinn gekommen ist: Wenn du einem Klienten mit den einfachsten Dingen eine Freude bereiten kannst, wenn du mit ihnen Fußball spielst und sie lachen, oder auch einfach nur zusammen Musik hörst und sie summen und lächeln dazu, dann war es jede Dienstminute wert!
Marc Oberle
FSJ
Paul-und-Charlotte-Kniese-Haus, Weinheim