Um Beschäftigte bei der Gestaltung von Inklusionsprozessen zu unterstützen, wurde an der Evangelischen Hochschule Darmstadt der Weiterbildungs-Master „Systementwicklung Inklusion“ entwickelt, der seit 2014 berufsbegleitend studiert werden kann. Auch die Schweizerin Eva Blanke Jüngling, die als Sonderpädagogin bei der reformierten Landeskirche in Zürich arbeitet, hat sich für diese Weiterbildung entschieden. Im Interview erzählt sie, warum.
Frau Blanke Jüngling, in welchem Bereich sind Sie tätig und warum haben Sie sich für den Master entschieden?
Eva Blanke Jüngling: Seit dreieinhalb Jahren arbeite ich als Sonderpädagogin am sogenannten „Heilpädagogischen Pfarramt“ der reformierten Landeskirche des Kantons Zürich. In Co-Leitung mit einem Pfarrer bin ich für die Organisation und Planung des Religionsunterrichtes für Kinder und Jugendlichen an Heilpädagogischen Schulen des Kantons Zürich verantwortlich, für erwachsenbildnerische Angebote zu biblischen Themen für erwachsene Personen mit Behinderung, für Weiterbildungen für Religionslehrerinnen, die an Heilpädagogischen Schulen des Kantons Zürich den Religionsunterricht erteilen und mittlerweile für Weiterbildungen für Angestellte der Kirchgemeinden der reformierten Landeskirche des Kantons Zürich zum Thema der Inklusion.
Mich hat vor allem gereizt, dass ein Aufgabengebiet eine fachliche Begleitung einer Entwicklung des Heilpädagogischen Pfarramtes, insbesondere eine Entwicklung bezüglich Inklusion sei, was allerdings sehr vage formuliert war. Vor dem Hintergrund meines Sonderpädagogik-Studiums und meiner persönlichen Meinung zu Integration, Inklusion und Kirche habe ich im Bewerbungsgespräch deutlich gemacht, dass für mich die Idee des Evangeliums Freiheit und Inklusion sei.
In meinen ersten zwei Jahren bei der reformierten Kirche musste ich feststellen, dass eine vertiefte und ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Inklusion in der reformierten Landeskirche des Kantons Zürich aus unterschiedlichen Gründen weitgehend fehlt. Da schien der Masterstudiengang „Systementwicklung Inklusion“ an der Evangelischen Hochschule Darmstadt gerade meinen vielen Fragen bezüglich Inklusion zu entsprechen. In der Studienbeschreibung fand ich all die Themen wieder, die mich im Zusammenhang mit der Schwerfälligkeit, Inklusionsprozesse überhaupt denken zu können, beschäftigen. Ich erhoffte mir durch diese vielperspektivische Vertiefung zum Thema Inklusion Rückenstärkung hinsichtlich meiner Ratlosigkeit und damit auch Überforderung bezüglich Inklusion in Theorie und Praxis in einem kirchlichen Umfeld, das ich als eng bezeichne.
Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem Master bisher – was gefällt Ihnen bisher besonders gut, was hat Sie vielleicht überrascht und was erwarten Sie noch?
Blanke Jüngling: Es hat sich gezeigt, dass ich mit dem bisherigen Studium und durch die dabei zur Sprache gebrachten Themen zu Inklusion an Sicherheit bezüglich meiner Positionierung zu Theorie und Praxis der Inklusion im kirchlichen Umfeld gewonnen habe. Was mir an diesem Studiengang außerordentlich gut gefällt ist die ausgezeichnete und wohlwollende Lern- und Lehratmosphäre und der auf der Basis der zu bearbeitenden Themen ermöglichte Austausch der heterogenen Studiengruppe in Form von offenen Diskussionsrunden. Es lässt sich auf diese Weise immer wieder mit Bezug zu den unterschiedlichen Praxisfeldern der Mitstudierenden an Theorie anknüpfen oder umgekehrt. Die Diskussionsrunden sind jeweils spannend und in vieler Hinsicht rückenstärkend und damit die eigene Position im Praxisfeld klärend. Ebenso lässt der durch ein interdisziplinär angelegtes Lehrenden-Team ermöglichte vielperspektivische Ansatz zum Thema der Inklusion viele Freiheiten hinsichtlich der Themenwahl für die jeweiligen Prüfungsnachweise, was einen unmittelbaren Bezug zum jeweiligen Arbeitsbereich und den damit einhergehenden persönlichen Fragestellungen zulässt. Ich bin weiterhin hoch motiviert und freue mich auf die noch folgenden Module.
Was sind Ihre Pläne für die Zeit nach dem Master, wie wollen Sie das neu Erlernte umsetzen?
Blanke Jüngling: Ich werde versuchen, auf der Basis des Erlernten die Idee der Inklusion mit Geduld und dem dafür nötigen theoretischen Wissen in meinem Arbeitsbereich – möglicherweise in beratender Funktion – ernsthaft zu verteidigen und Veränderungsprozesse in Hinblick auf eine „inklusive Gesellschaft“ in kirchlichen oder auch staatlichen Institutionen mit dem dafür notwendigen fachlichen Praxisverständnis und Sorgfalt mitzugestalten, zu begleiten und zu unterstützen.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
Ein Interview zu den Studieninhalten und Bewerbungsmodalitäten mit Master-Studiengangskoordinatorin Laura Wallner lest ihr hier.
Im Karriereportal findet ihr außerdem ein Interview mit Prof. Anne-Dore Stein von der EH Darmstadt, die den Weiterbildungs-Master entwickelt hat.