Hallo liebe Community, Hand aufs Herz: Wir alle haben eine Reihe von Vorurteilen in unseren Köpfen, die unser Denken maßgebend beeinflussen. Und das ist auch legitim, denn Vorurteile oder soziale Einstellungen strukturieren unser Denken und vereinfachen es. Der Mensch braucht einfach eine Grundstruktur, nach der er Dinge einordnen und bewerten kann. Jedoch sollten wir uns dieser Vorurteile bewusst sein und sie besonders in der Arbeit als Pädagogen immer wieder reflektieren – ich rede von vorurteilsbewusster Erziehung.
Wir müssen unseren Blick auf jedes einzelne Kind selbstkritisch beobachten und dürfen unser Handeln im Bezug auf diese Kinder nicht von Vorurteilen leiten lassen. Ebenso ist es unsere Aufgabe, Kindern als Vorbild eine offene und tolerante Einstellung vorzuleben uns zu vermitteln. Hierbei tun wir uns oft schwer, denn der Versuch, sich politisch korrekt und möglichst neutral auszudrücken ist oftmals eine schwierige Gradwanderung, bei der man es nur schwerlich jedem Recht machen kann. Heißt es „dunkelhäutiger Mensch“ oder „Mensch mit dunkler Hautfarbe“ oder „schwarzer Mensch“?
Ich kann mich da an eine Erzieherin erinnern, die es besonders gut meinte und sagte: „Kind XY hat es ja besonders gut, bei ihm ist die Sonnencreme schon mit in der Haut.“ Oder nie vergessen werde ich meinen Lehrer in der Grundschule, der einem dunkelhäutigen Jungen riet: „Wenn die anderen dich Schokokuss nennen, dann sag du Weißkohl zu ihnen.“ Solche Aussagen an Kinder zu richten finde ich persönlich sehr schwierig, auch wenn ich die schwierige Situation eines Sozialpädagogen, der versucht, in hohem Maße Offenheit zu vermitteln, verstehe. Sagen wir „behinderter Mensch“, „Mensch mit besonderen Bedürfnissen“ oder „Mensch mit Behinderung“?
Ich denke, es ist am besten, sich hierüber immer wieder im Team zu besprechen und im Zweifelsfall Dinge möglichst neutral beim Namen zu nennen. Wenn das Kind fragt, wieso eine Person im Rollstuhl sitzt, dann erscheint es am sinnvollsten, möglichst wertfrei den Grund zu nennen, also zum Beispiel: „Der Junge kann seine Beine nicht bewegen.“ Oder Ähnliches. Ein weiteres spannendes Beispiel ist das der Geschlechter. Wie gehen wir damit um? Momentan besteht in der Erziehungswissenschaft die Meinung oder Empfehlung, Kinder geschlechtsneutral zu erziehen, das heißt, sowohl vermeintliche typische Merkmale wie rosa für Mädchen und blau für Jungen zu vermeiden, jedoch auch Klischees wie „Männerberufe“, „Frauenberufe“ oder scheinbar klassische Rollen innerhalb einer Familie zu nicht zu transportieren. Wir müssen registrieren, dass es heute neben Menschen, die sich eigentlich dem anderen Geschlecht zugehörig fühlen, ebenfalls jene gibt, die sich keinem Geschlecht vollständig zuordnen wollen. Die Offenheit und das Bewusstsein hierfür können wir schon im frühen Kindesalter vermitteln. Jedoch gibt es hier auch unter Experten Meinungsverschiedenheiten, da einige inzwischen wieder sagen, die Identifizierung durch das eigene Geschlecht könnte doch hilfreich und wichtig sein.
Vorurteile erwerben wir im Laufe unseres Lebens, wenn auch ungewollt, und es ist nur schwer möglich, sie vollständig wieder abzulegen. Jedoch denke ich, dass eine Bewusstheit unserer eigenen Vorurteile und ein reflektierter und selbstkritischer Umgang mit ihnen, wichtig sind, um anderen Menschen mit Respekt zu begegnen, unseren Horizont zu erweitern, sowie für die pädagogische Arbeit unverzichtbar. Was meint ihr? Oft nur Haarspalterei oder Priorität? Macht es gut, Laura.