Die erste Woche meines Orientierungspraktikums, das ich im ersten Semester meiner Sozialassistentenausbildung im Evangelischen Johannesstift Spandau absolvieren muss, ist rum, und euch möchte ich in einem weiteren Blog berichten wie es mir ergangen ist. Ich habe mir für’s Praktikum eine Einrichtung auf dem Johannesstift ausgesucht, die sich hauptsächlich mit demenzerkrankten Menschen beschäftigt. Das Leitbild dieser Einrichtung ist es, den Menschen so selbständig sein zu lassen wie es nur möglich ist, und: WIR SIND KEIN KRANKENHAUS sondern eine HAUSGEMEINSCHAFT. Insgesamt gibt es in dieser Einrichtung 8 Hausgemeinschaften mit jeweils 8 Bewohnern.
Am ersten Tag sollte ich ja erst zu 8:30 Uhr da sein – vorbildlich wie ich bin, war ich schon 15 Minuten früher da, so konnte ich mich noch ein wenig umsehen und einstimmen. Ehrlich gesagt hatte ich noch gar keine Vorstellung was mich erwarten könnte und was meine Aufgaben sein würden. Vielleicht die Bewohner ein bisschen beschäftigen, mit ihnen spazieren gehen, mich mit ihnen unterhalten oder etwas spielen.
Da unser erstes Praktikum ein Orientierungspraktikum ist, konnten wir noch wählen, ob wir Pflege oder Betreuung machen wollen. Die Entscheidung konnten wir schon mit der Wahl der Einrichtung treffen, also entweder Kindergarten, Hort, betreutes Wohnen oder eben Altenheim oder Behinderten-Pflege. Man hatte aber auch die Möglichkeit, im Altenheim zum Beispiel nur Betreuung zu machen. Mit einem war ich mir sicher – ich wollte etwas lernen. Aus diesem Grund habe ich mich entschieden, praktische Erfahrungen in der Pflege UND Betreuung aus dem Praktikum mitzunehmen.
Nun trafen wir uns nun dort um 8:30 Uhr am Montag. Wir heißt, noch 2 weitere Praktikanten aus meiner Klasse. Nachdem hier und da noch Unklarheiten beseitigt wurden, wurden wir unseren Hausgemeinschaften zugeteilt. Ein wenig mulmig wurde mir schon, nachdem uns die Frau ein wenig von den Bewohner erzählt hat und auf was wir alles achten müssen. In der Schule haben wir zwar schon über Demenz gesprochen aber nie so dicht an der Realität. Nach dem ich dann in meine HG (Hausgemeinschaft) geführt wurde, kümmerten sich dann die Pflegekräfte gleich um mich. Name, Alter und gefühlte 100 Mal die Frage, ob Pflege oder nur Betreuung.
Als ich in die Gemeinschaftsküche kam, saß schon eine Bewohnerin an dem großen Esstisch, auf den ersten Blick sah man ihr die Demenz gar nicht an – „Emma mag Pferde!“ (Name geändert) rief eine Präsenskraft von hinten – ich dankte ihr innerlich für diesen „Rettungsring“, denn ich wusste erst einmal nicht, was ich so erzählen sollte, nachdem ich mich als Praktikantin vorgestellt hatte.
„Sie mögen also Pferde, Frau S. – das ist ja schön, hatten Sie denn ein eigenes?“ , fiel mir zu fragen ein. Ich war froh, dass mir so eine einfache Frage eingefallen war, und dachte, wir halten jetzt einen kleinen Plausch. Und das war der Sprung ins kalte Wasser. Leider können die meisten „meiner“ Bewohner kaum noch richtig sprechen. Sie brabbeln meist irgendwas vor sich hin oder erzählen etwas dir sinnlos Erscheinendes. Nach einem halben Tag wollte ich am liebsten wieder nach Hause, weil ich so erschrocken und traurig war über das „Vor-sich-hin-leben“ der Bewohner. Ich fand keinen Zugang.
An den ersten beiden Tagen hatte ich echte Probleme mit der „professionellen Distanz“, hab schlecht geschlafen und viel nachgedacht. Das legte sich aber mit der Zeit – wozu ich mich auch zwingen musste. So richtige Aufgaben wurden mir eigentlich gar nicht zugeteilt – ich durfte schon viel mitgehen und bei Pflegemaßnahmen wie z.B. duschen oder Essen reichen zuschauen – ansonsten tat ich das, was so anfiel – Spülmaschine ausräumen, Tisch abräumen usw. alles das, was ich mir so abschaute.
Im weiteren Wochenverlauf wurde ich immer selbständiger. Morgens, wenn ich meine HG betrat, was meist schon so 20 Minuten vor Arbeitsbeginn war, ging ich erst einmal in alle Zimmer und wünschte einen guten Morgen, währenddessen öffnete ich die Gardinen und hielt einen kleinen Plausch. Dann bereitete ich das Frühstück vor und reichte auch schon alleine das Essen. Da wo Unterstützung nötig war, half ich – ich war schon richtig integriert. Berührungsängste? – keine Spur, auch bei Toilettengängen nicht. 2 Mal in dieser Woche wurde gekegelt mit anderen Hausgemeinschaften und den Bewohnern, die noch relativ fit waren. Das fand ich gut.
Am Freitag war ich dann soweit, dass ich unter Aufsicht meine erste Bewohnerin waschen durfte. Die Pflegekraft erklärte mir nach und nach wie ich vorzugehen habe. Erst Gesicht, dann beide Hände + Arme und Achseln, dann die Beine und die Füße – dann sollte ich das Wasser und den Lappen wechseln, falls der Bewohner z.B. Fußpilz hat, denn zum Schluss kam die Intimpflege. „Meine“ Bewohnerin hat super mitgemacht und war sehr geduldig mit mir.
Fazit: Auch wenn es erst meine erste Woche von vieren war, kann ich schon ein kleines Fazit ziehen. Nach dem ersten „Schock“ habe ich mich den Bewohner immer mehr genähert und es fiel mir immer leichter, mit ihnen umzugehen und sie zu verstehen. Die Arbeit ist wirklich sehr anstrengend und teilweise auch stressig. Für die Pflegekräfte bleibt oft keine Extrazeit für einen Plausch mit den Bewohnern. Man braucht wirklich viel, viel Geduld, Ruhe, starke Nerven und Überzeugungskraft. Trotzdem hat mir die Woche sehr gefallen. Ob ich später in diesem Beruf arbeiten möchte?! Kann ich noch nicht sagen 😉
Ich wünsche euch eine schöne Woche. Bis bald und liebe Grüße, Candy J
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