„Oh Gott, Franzi – bald steht unser 8-wöchiges Praktikum an. Wenn ich daran denke, wird mir ja schon ein bisschen mulmig. Du weißt ja, ich hab noch nie mit behinderten Menschen gearbeitet: Sagt man eigentlich behinderte Menschen oder Menschen mit Behinderung oder gar Beeinträchtigung? Oh Gott Franzi. Ich weiß gar nicht, wie ich mich verhalten soll. Was ist, wenn ich nicht verstehe, was sie sagen, dann steh ich bestimmt total ratlos und unbeholfen da! Und wenn die gar nicht mehr reden können, was soll ich dann machen? Ich sitz bestimmt nur da und grins doof. Ach Franzi, ich bin total unsicher. Die Betreuer da denken bestimmt: Was will die hier, die ist überhaupt nicht dafür geeignet! Vielleicht bin ich das auch nicht. Was ist, wenn ich überhaupt nicht damit klar komme, dass die Kinder dort behindert sind. Mitleid soll man ja nicht haben. Oh je, und das Praktikum geht 8 Wochen – ganz schön lange, wenn man sich nicht wohlfühlt. Ich hoffe, die Betreuer sind nett und verständnisvoll…“
Heute ist mein letzter Tag in meinem sozial-pflegerischen Praktikum, welches ich innerhalb meiner Sozialassistentenausbildung im Evangelischen Johannesstift absolviere. So habe noch einmal zurück geschaut, wie ich vor 8 Wochen über ein Praktikum in der Behindertenhilfe gedacht habe. Ich war ganz ganz doll unsicher, ob das überhaupt etwas für mich ist, und die ersten Tage waren schon etwas komisch, da habe ich mir gedacht: „Hättest du dein Praktikum mal doch in der Altenpflege gemacht!“ Aber dann habe ich das „Fremde“ an mich rangelassen. Bin über meinen Schatten gesprungen habe mich den Kindern immer mehr genähert. Zu meinem Erstaunen fiel mir das auch gar nicht so schwer. Ich fand immer mehr Freude, Sinn und Wichtigkeit an der Arbeit. Später lockerte auch noch das Verhältnis zu den Betreuern auf und nun am letzten Tag bin ich traurig, dass ich schon wieder gehen muss. Es war eine sehr tolle, lustige und vor allem lehrreiche Zeit. Keine Klasse hätte besser sein können als die, in der ich meinen Platz fand.
Zum Dank für die Zeit haben wir für die Schule, in der ich das Praktikum absolvierte, den Wochenendkreis vorbereitet und das vorgetragene Thema war natürlich Frühling und Ostern. Wir waren alle super aufgeregt, vor allem ich, da ich noch Text zum Sprechen hatte. Wir sangen Lieder wie „Der Winter ist vergangen“ und „Immer wieder kommt ein neuer Frühling“, dazu verteilten wir Tulpen an die Betreuer unserer Klasse. Osterhasen durften natürlich nicht fehlen. Die kamen zum Schluss und verteilten Schokoeier.
Vor dem Wochenendkreis wurde ich aber aber erst einmal vor die Tür geschickt und nach 15min wieder reingelassen. Meine lieben Kollegen haben einen netten Tisch für mich hergerichetet mit süßen Aufmerksamkeiten wie ein Keramikschwein gefüllt mit einem Kaktus (weil ich die mag) und eine Kerze aus einer Behindertenwerkstatt (weil ich die mir nie kaufen würde, zu teuer und zu schön um sie abzubrennen). Vorher gab es aber noch ein Ständchen (ein Lied, das ich nie singen mochte, da ich die Melodie nicht hinbekommen habe). Das war so unendlich süß, dass ich ruhig ich mich hineinatmen musste um nicht los zu schlurzen.
Natürlich gab es auch von mir Geschenke. Meine lieben Kollegen bekamen jeder ein selbstgemachtes Shirt von mir und die Kinder einen Schokohasen. Meine Anleiterin war leider krank und somit nicht dabei, aber ich hab an sie gedacht und auch sie bekam ein Shirt. Am Ende des Tages wurde zum Abschied jeder noch einmal umarmt und mit besten Wünschen in die Osterferien geschickt.
Fazit: Ich hätte nicht gedacht, dass das Praktikum noch einmal so eine Wende macht. Zuerst schien es ja sehr schwierig. Aber die letzten 5 Wochen waren einfach klasse. Ich bin jeden Tag gern zur Arbeit gegangen und mit guter Laune wiedergekommen. Ich habe jetzt gar keine Angst mehr, mit den behinderten Menschen zu sprechen, weil ich gelernt habe, dass man sie mit etwas Geduld verstehen kann – und wenn nicht, ist es auch nicht so schlimm. Und auch die Unsicherheit, mit behinderten Menschen zu arbeiten, ist weg. Sogar so, dass ich später mit ihnen arbeiten möchte! Mein Ziel ist es Heilpädagogin zu werden. Das ist nach dem Erzieher oder Heilerziehungspfleger nochmal eine Zusatzausbildung, so kann man dann z.B. auch in Integrationskitas arbeiten.
Bedanken möchte ich mich auch bei meiner Anleiterin, sie hat wirklich gute Arbeit geleistet und mir viele Einblicke gewährt, wenn ich Fragen oder sonst irgendwelche Probleme hatte, konnte ich zu ihr kommen, um gemeinsam Lösungen zu finden. Mich hat dieses Praktikum auf jeden Fall weitergebracht und ich habe nicht nur viel Fachliches gelernt, sondern auch etwas über mich selber. Danke! Ich wünsche meinen Lesern super tolle Ostern und Urlaubstage. Bis bald, liebe Grüße, Candy
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