Sozialarbeiterin Sara: Ich bin immer in Action!

Das ist die Frau zum Gewinnerbild unseres 4. Street Art Votings: Sara (25) arbeitet als Sozialarbeiterin in der stationären Kinder- und Jugendhilfe in Leipzig. Damit ihr sie kennenlernen könnt, hat sie uns ein paar Fragen beantwortet.

Sara, wie sieht dein Arbeitsalltag aus?

Ich begleite den Alltag der Kinder und Jugendlichen, löse mit ihnen ihre kleinen und großen Probleme von Streitigkeiten untereinander über Schulaufgaben bis hin zur Job- und Wohnungssuche. Dabei arbeite ich eng mit den Eltern, Ämtern und Schulen zusammen. Ich gestalte die Freizeit (Nachmittagsangebote, Ferienfahrten) und begleite die jungen Leute auf dem Weg zurück in ihre Familie oder die Selbstständigkeit. Ich arbeite daran, Regeln und Normen durchsetzen. Da redet man sich manchmal ganz schön den Mund fusselig! Es ist ein kunterbunter Mix aus allen Facetten des Lebens – mit viel Lachen, aber auch manchmal Tränen. Natürlich gehört auch Schreibtischarbeit dazu: Hilfeplanung, Leistungsdoku und Dokumentation allgemein. Das Ganze im Schichtdienst (Tag- und Spätdienst, Schlafbereitschaft).

Warum hast du dich für einen sozialen Beruf und die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen entschieden?

Ich bin da reingewachsen übers Ehrenamt und kleine Ferienjobs, wie die jahrelange Mitleitung im Kindergottesdienst oder die Betreuung von Kindern auf Familienfreizeiten vom Jugendamt. Nach dem Abi habe ich ein sechsmonatiges Praktikum in Bethel in einem Wohnheim für schwerstmehrfachbehinderte Erwachsene gemacht, sechs Monate Au Pair in Island und ein Freiwilliges Soziales Jahr an einer Förderschule mit dem Schwerpunkt „geistige Entwicklung“. Danach kam nichts anderes mehr in Frage :-D! Da ich aber keinen Beruf wollte, in dem ich auf ein bestimmtes Arbeitsfeld festgelegt bin (wie z.B. in der Heilerziehungspflege) habe ich mich für‘s Studium entschlossen und dort meinen Schwerpunkt auf die Behindertenhilfe – speziell Inklusion – gelegt und darüber auch meine Bachelorarbeit geschrieben. Dass ich dann nach dem Studium in der Kinder- und Jugendhilfe gelandet bin, war so nie geplant, ist aber doch irgendwie ähnlich. So wollen auch diese Kinder und Jugendlichen ihren Platz in der Gesellschaft (oder auch nur der eigenen Familie) finden, sich inkludieren, schaffen dies aber ohne entsprechende Hilfe nicht. Und um sie auf diesem Weg zu begleiten und zu unterstützen, dafür gibt es mich!

Was ist das Schönste an deinem Beruf?

Vertrauen entgegengebracht zu bekommen oder einfach nur ein Lächeln. Gemeinsame Erlebnisse und Erfolge. Wenn die Kinder und Jugendlichen sagen: „Ich mag Sie!“ Ihre Verschiedenheit. Ich freue mich, zu sehen wie sie sich positiv entwickeln und daran teilzuhaben. Ich mag das Gemeinschaftsgefühl und dass jeden Tag was Neues anliegt und man immer in Action ist!

Was sind die Schattenseiten?

Es gibt Momente der Ernüchterung. Wenn man auf Arbeit kommt und alle verrückt spielen, man nur meckert und schimpft und doch nichts erreicht. Wenn man alles versucht und den Jugendlichen nicht zu packen bekommt, er weiter Mist baut und schließlich die Einrichtung wechseln muss. Wenn Eltern nicht zu Gesprächen bereit sind oder sich noch schlimmer als ihre Kinder benehmen.

Welche beruflichen Zukunftspläne hast du?

Mich interessiert die Tiergestützte Therapie, vielleicht kann ich aber auch selbst einen Ort für alle schaffen oder sogar beides kombinieren? Ich habe so viele Ideen und Träume zurzeit. Menschen zusammenzubringen ist mir wichtig – ob jung und alt, behindert und nichtbehindert, reich und arm. Und einen klitzekleinen Teil dazu beitragen, dass es Normalität wird, verschieden und trotzdem gleich zu sein.

Welche Wünsche hast du für die Zukunft der Sozialarbeit?

Es sollte noch viel mehr in der Gesellschaft sichtbar und anerkannt werden, was wir tun. Unsere Arbeit ist mindestens genauso wichtig und anstrengend wie die eines jeden anderen – und nicht bloß Kaffeetrinken, quatschen und spielen!

Was würdest du einem Jugendlichen sagen, der überlegt, in die Sozialarbeit zu gehen?

Sei dir bewusst, dass du nicht jedem helfen können wirst! Menschen mit „Helfersyndrom“ sind meiner Meinung nach fehl in diesem Beruf. Der Wunsch oder Wille, jedem das Beste zukommen zu lassen und jedem ein „besseres“ Leben zu ermöglichen, wird einen auf Dauer kaputt machen, weil es einfach unrealistisch ist. Ist man sich dessen bewusst und zufrieden damit, nur einen klitzekleinen Teil der Welt verbessern zu können, ist das eine gute Grundlage. Empathie und ein gutes Maß an Gelassenheit sind sicherlich außerdem gute Begleiter, ebenso einen kühlen Kopf bewahren können. Auf der anderen Seite eine gewisse Autorität und Durchsetzungsfähigkeit (das kann man aber auch ein Stück weit erlernen). Vor allem sollte man sich bewusst sein, dass man ein ganzes Stück seiner Persönlichkeit/Seele in diesen Beruf stecken muss und die Menschen, mit denen man arbeitet danach greifen werden. Dann muss man es schaffen, nach Dienstende den Kopf frei zu bekommen und wieder aufzutanken.

Warum hast du bei unserem Street Art Voting mitgemacht?

Ich finde die Idee super, mal darüber nachzudenken, was man eigentlich gut kann oder warum man das tut, was man tut, und dies dann auch noch auf den Punkt zu bringen. Und da sind ne Menge toller Aussagen bei rausgekommen! Außerdem kann es halt wirklich nicht jeder, was das Ansehen der Sozialberufe in der Gesellschaft über solch eine Aktion hoffentlich stärkt.