Feierabend für den Nachtdienst im Krankenhaus der Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg, die Frühschicht ist da! Bei einer Tasse Kaffee sitzen einige um einen Tisch, andere lehnen an der Küchenzeile. Es ist Übergabe auf der chirurgischen Station 3B. Patientenakten werden durchgegangen und Besonderheiten der Nacht erklärt. Soweit alles normal. Was auffällt: Das Team ist so jung! Kein Wunder, auf der 3B haben heute die Gesundheits- und Krankenpflegeschüler des Hauses den Hut auf. Drei Wochen lang leiten die Azubis aus dem dritten Ausbildungsjahr die Station – pflegerisch und organisatorisch. Für alle ist das der Höhepunkt ihrer Ausbildung und irgendwie auch eine Feuertaufe. „Das fühlt sich schon wie ein Endspurt an“, sagt Sophie (23). „Endlich reale Bedingungen. Und wir können beweisen, was wir gelernt haben.“ So etwas gibt es an vielen Krankenpflegeschulen. Meistens dauert das Eintauchen in den echten Stationsalltag eine Woche. In Magdeburg sind es gleich drei.
Szenen aus der Schülerstation im Krankenhaus der Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg:
Unterstützt werden die Schüler von Ärzten, Pflegern und Pädagogen. Die greifen aber nur ein, wenn es nötig ist! „Das ist schon alles richtig echt. Wir spielen hier nicht ‚Alice im Wunderland‘“, schmunzelt Karolin (19). „Wir haben uns ja ein Jahr lang auf die drei Wochen auf Station vorbereitet.“ Aber die Fachkräfte im Hintergrund zu wissen, ist doch irgendwie beruhigend, oder? Alle nicken. Aber auf ihr Wissen, ihre Motivation und ihren Ehrgeiz lassen sie nichts kommen. „Man rückt schon enger zusammen. Die Gruppendynamik reißt irgendwie jeden mit“, sagt Johannes. Ist ja auch logisch, wenn man über Monate Dienstplan, Notfallmanagement und Ziele gemeinsam erarbeitet – all das ist im „Projektantrag“ aufgeschrieben, den die Schüler vorher einreichen mussten.
Christina Heinze leitet die Krankenpflegeschule in den Pfeifferschen Stiftungen. 144 Schüler in sechs Klassen gibt es dort aktuell. „Dass wir das letzte Ausbildungsjahr eine Station leiten lassen, hat sich über viele Jahre bewährt“, sagt sie. „Es ist ein gelebter Rollentausch. Alles ist total authentisch.“ Da wird der Schüler plötzlich zum Anleiter und das examinierte Pflegepersonal zur Assistenz. „So ist das“, sagt die Schulleiterin und muss lachen. „Da muss das Fachpersonal schon mal den einen oder anderen Rüffel vom Nachwuchs einstecken.“
Blättert man durch den mehrseitigen Projektantrag der Schülergruppe, stößt man auf Wörter wie „eigenverantwortlich“ und „sozial kompetent“ – so wollen sie üben zu handeln. Für manche Routineangelegenheiten auf der Station haben sie sich sogar was ganz Neues überlegt: „Für die Pflegevisite am Bett haben die Schüler extra einen Fragebogen erarbeitet“, erklärt Christina Heinze. Also kein „Schema F“, das jedes Jahr aufs Neue abgespult werden? „Nein, nein! Jeder Antrag in jedem Jahr ist anders. Das zeigt uns auch, welchen Stellenwert diese dreiwöchige Phase der Verantwortung hat.“
Und die Patienten? „Die informieren wir vorher natürlich“, sagt die Schulleiterin. Doch das reicht nicht. „Jeder Patient muss nach unserer Aufklärung einwilligen. Sonst geht das alles nicht.“ Negative Erfahrungen gab es bislang keine. Ganz im Gegenteil. Die Patienten freuen sich über die ehrgeizigen Schüler und wertschätzen das Projekt. Übrigens: In den Pfeifferschen Stiftungen Magdeburg ist die Stationsübernahme durch Schüler dem theoretischen Unterricht zugeordnet. Das Projekt findet etwa in der Mitte des dritten Ausbildungsjahres statt – im letzten Theorieblock. Danach bereiten sich die angehenden Gesundheits- und Krankenpfleger auf die Abschlussprüfungen vor.
Text: Sabrina Gorges