Was ist aus ihnen geworden? Teil 6: Hebamme Julia studiert jetzt „Hebammenkunde“ (20.6.14)

Auf www.soziale-berufe.com haben wir euch die angehende Hebamme Julia vorgestellt. Damals war sie im zweiten Lehrjahr ihrer Ausbildung. Weil wir gerne wissen wollten, wie es Julia jetzt so geht, haben wir sie noch einmal interviewt. Sie arbeitet halbtags als Hebamme in einer Klinik. Nebenbei studiert sie „Hebammenkunde“ an der Katholischen Hochschule in Köln. Wie ihr das Studium gefällt, warum sie ihren Job so liebt und was sie sich für ihre Zukunft wünscht, erzählt sie im Interview.

Hier die anderen Teile unserer Serie: Was ist aus ihnen geworden?

Hebamme_Julia_240x150_0Julia, du arbeitest ja momentan Teilzeit als Hebamme im Schichtdienst – wie gut kommst du damit zu recht?

Sehr gut! Meine Dienste sind gleichmäßig auf den Monat verteilt, also habe ich nie viele am Stück. Das macht das Ganze relativ entspannt. Ansonsten kommt es natürlich immer auf den Arbeitsaufwand der jeweiligen Schicht an: Sind viele Frauen da? Stehen geplante Kaiserschnitte an? Je nach Andrang bestimmt sich der Arbeitsalltag. Flexibel muss ich allerdings immer sein!

Und nebenbei studierst du?

 Ja, ich studiere „Bachelor of Midwifery“ – zu Deutsch „Hebammenkunde“. Das ist ein Aufbaustudiengang, für den eine Ausbildung Pflicht ist. Diese wird uns für drei Semester anerkannt, somit starten wir direkt im vierten. Nachdem ich letzten Oktober mit meiner Ausbildung fertig geworden bin, wollte ich sofort studieren und keine Pause einlegen, um mir alle Möglichkeiten offen zu halten. Ich denke eh, dass das Studium für Hebammen bald Pflicht werden könnte, weil es uns ziemlich weiter bringt und den Horizont erweitert.

Inwiefern?

Während der Ausbildung habe ich Hebammenfachkunde, also mein Handwerk, erlernt: Was passiert bei einer Geburt? Was sind Wehen? Wie begleite ich die Frau? Das Studium ist ganz anders! Ich lerne jetzt das wissenschaftliche Arbeiten mit philosophischen Ansätzen und sehr viel über Forschung. Zum Beispiel was Forschung überhaupt ist und warum sie für uns Hebammen – auch im internationalen Raum – wichtig ist. Ich lerne, begründen zu können, was ich tue. Zugegeben, das klingt jetzt alles ziemlich abstrakt, aber man nimmt wirklich sehr viel mit. Ich bin wesentlich offener geworden und sehe viele Dinge ganz anders. Durch das Studium habe ich sozusagen einen kleinen Perspektivwechsel vollzogen.

Puh, ziemliche Doppelbelastung! Wie gut lassen sich denn dein Job und dein Studium unter einen Hut bringen?

Wunderbar! Ich habe in der Woche zwei fixe Studientage, an denen ich ganztägig Vorlesung habe – den Donnerstag und den Freitag. An diesen beiden Tagen habe ich immer frei. Davor arbeite ich keine Nächte und alle Kolleginnen wissen, dass ich in diesen Schichten nicht einspringen kann.

Was macht dir an deinem Job besonders viel Spaß?

Mir gefällt die Kombination aus Betreuung und Umsetzung: Die Bedürfnisse der Frau abzuwägen und herauszufiltern, was sie gerade braucht. Und natürlich die Geburt an sich, wenn die Anspannung abfällt und sicher ist, dass alles gut ist.

Also kann man schon sagen, dass du deinen Traumjob gefunden hast?

Auf jeden Fall! Ich wüsste nichts, was ich lieber machen würde.

Du hast ja einen sehr emotionalen Job mit sowohl schönen als auch traurigen Momenten – wie sehr nehmen dich die traurigen Ereignisse mit?

Wenn Kinder versterben, sehr früh auf die Welt kommen oder es andere Notfälle gibt, ist das für mich emotional immer sehr anstrengend – das bemerke ich oft erst im Nachhinein. Aber man lernt jedes Mal aufs Neue, ein bisschen besser damit umzugehen. Wir als Mitarbeiter haben zudem die Möglichkeit, uns an einen Seelsorger zu wenden und haben immer ein Ärzteteam und eine weitere Hebamme hinter uns, mit denen wir uns austauschen können. Ganz alleine bin ich mit den Erlebnissen also nie. Aber das Schöne ist ja auch: In den meisten Fällen geht alles gut, die Kinder sind gesund und die Eltern glücklich!

Und wie sehen Deine Pläne für die Zukunft aus?

Mein persönliches großes Ziel nach dem Master ist es, selbst zu unterrichten – am liebsten an einer Hebammenschule.

Wow, klingt super! Und woher kommt diese Motivation?

Im ersten Ausbildungsjahr meinte eine Mitschülerin zu mir: „Du erklärst das so toll, Du solltest Lehrerin werden!“ Und da dachte ich mir, dass das gar keine so schlechte Idee ist. Gerade lerne ich mit Freundinnen, die noch in der Ausbildung zur Hebamme stecken und jetzt kurz vorm Examen stehen. Den Mädels habe ich richtige Lernkonzepte erstellt, was mir super viel Spaß gemacht hat!

Würdest du deine Ausbildung weiterempfehlen?

Jedem, der sich für die Fachbereiche Schwangerschaft, Geburtshilfe und Wochenbett interessiert, würde ich die Ausbildung auf jeden Fall empfehlen. Aber ich verschweige auch nicht, dass es ein sehr anstrengender Beruf ist! Mein Job ist jeden Tag eine neue Herausforderung – die allerdings auch sehr viel Spaß macht.

Und was sollten potentielle Auszubildende mitbringen?

Geduld und sehr viel Einfühlungsvermögen. Wichtig ist zudem innerliche Ruhe, auch in Stresssituationen. Aber die kommt so oder so mit der Zeit. Und Konsequenz: Man muss hinter dem stehen, was man tut – und das dem Kollegium sowie den Paaren auch deutlich vermitteln.

Und zu guter letzt: Wie war die erste Geburt, die du als eigenständige Hebamme begleitet hast, für Dich?

Meine erste Geburt war wirklich aufregend! Und auch ein kleiner Stoß ins kalte Wasser. Als dann alles überstanden war und ich meine erste Geburtsurkunde mit meinem Namen als Hebamme unterschreiben durfte – das war wirklich ein großes Glücksgefühl!

Vielen herzlichen Dank für das nette Gespräch, liebe Julia! Wir freuen uns sehr, dass du deinen Traumjob gefunden hast und wünschen dir für deine Zukunft als Lehrerin alles Gute!

 

Text: Diakonie Deutschland/Melanie Zurwonne