„Heilerziehungspflege“ – der Begriff ist etwas sperrig, und er beschreibt auch nicht ganz genau, was die 21-jährige Josephine zurzeit an den Fachschulen der Rotenburger Werke lernt. „Pflege steht da nämlich gar nicht im Vordergrund“, sagt die sympathische Lüneburgerin, die im zweiten Jahr der dreijährigen Ausbildung steht, „pädagogische Aufgaben und Organisatorisches sind viel wichtiger.“
Josephine – die im Freundeskreis Josie genannt wird – hat als Heilerziehungspflegerin bald die besten Berufs- und Aufstiegschancen. Sie wird eine auf dem Arbeitsmarkt sehr begehrte Fachkraft für die Arbeit mit Menschen mit einer geistigen Behinderung sein. Vielleicht will sie nach der Ausbildung in den Hochschul-Studiengang Soziale Arbeit einsteigen. Denn mit ihrem Abschluss steht ihr vieles offen, einschließlich Karrieremöglichkeit in den Einrichtungen der Behindertenhilfe, zum Beispiel in den Rotenburger Werken, wo sie den fachpraktischen Teil ihrer Ausbildung absolviert. „Ich arbeite dort mit junge Menschen, die relativ selbstständig sind“, sagt sie, „da geht es um Hilfen im Alltag, eine sinnvolle Freizeitgestaltung, aber auch – ganz klar – um das Lösen von Problemen.“
Die Praxisstelle ist ein wesentlicher Teil der Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin. Dazu kommt eine fundierte theoretische Ausbildung, die aber wiederum alles andere als abgehoben ist. „Das Gute ist, dass unsere Lehrer alle selbst aus der Praxis kommen“, findet Josephine, „die wissen, wovon sie reden.“ Überhaupt freut sie sich über den überschaubaren Betrieb der Schule: „Es ist so richtig familiär, und die Atmosphäre ist echt cool. Hier gibt es keine Zwänge, dass du so oder so sein musst. Wir können sein, wie wir wollen.“
Und wie ist sie überhaupt dort gelandet? „Das war ein glücklicher Zufall“, sagt sie, „ich habe auf dem Hurricane-Festival einen Jungen kennengelernt, der hat mir von der Schule vorgeschwärmt. Ich habe mich informiert, beworben und hatte meinen Ausbildungsplatz. Bereut habe ich es nicht.“ Gut findet sie auch die Möglichkeit, über die Rotenburger Werke eine Wohnung zu bekommen. Josephine wohnt in einer WG mit vier weiteren jungen Frauen zusammen, gleich neben der Schule, die nah am Bahnhof und doch mitten im Grünen liegt. „Ich zahle 200 € warm, das ist ok, und wir fünf Mädels verstehen uns prima.“ Warum nur Mädels? „Zufall! Aber klar, insgesamt machen die Ausbildung mehr junge Frauen als Männer. In meiner Klasse sind wir 18 Mädels auf sechs Jungs.“
Dabei ist Heilerziehungspflege kein „weiblicher“ Job. Gerade in der Behindertenarbeit sind Fachkräfte beider Geschlechter gefragt und gesucht. Voraussetzung für eine „HEP“-Ausbildung ist in Rotenburg* die mittlere Reife und die einjährige Berufsfachschule Hauswirtschaft, Fachrichtung Pflege, oder zum Beispiel die abgeschlossene Ausbildung zum Pflegeassistenten. Viele kommen aber auch nach dem Abitur, wie Josephine, die vorher noch ein Freiwilliges Soziales Jahr in einer psychiatrischen Einrichtung gemacht hat. Mehr Infos hier! Bewerbungsschluss für den Ausbildungsstart im Sommer 2015 ist der 31. Mai.
*Die Voraussetzungen für die Heilerziehungspflege-Ausbildung sind unterschiedlich je nach Bundesland, meist mittlerer Schulabschluss plus einjähriges Vorpraktikum (z.B. Freiwilligendienst) oder abgeschlossene Ausbildung als Heilerziehungspflegehelfer bzw. -assistent, Sozialassistent oder Kinderpfleger.
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