Vor vier Jahren fing alles mit einem Keyboard und ein paar Ideen im Kopf an. Seither schreibt und produziert Dustin (22) Rap-Songs über die Altenpflege – an seinem heimischen PC. Er arbeitet selbst als Altenpfleger in der Curanum Seniorenresidenz im bayerischen Rödental. Seine Songs handeln von Themen und Problemen, die ihm in seinem Arbeitsalltag auffallen. Bei Youtube und Facebook hat „DenaBeatz“, so der Künstlername, eine wachsende Zahl an Fans.
Hier geht’s zu einem Film des Bayerischen Fernsehens über Dustin alias Dena.
Dustin, du arbeitest als Altenpfleger. Warum hast du dich für diesen Beruf entschieden?
Das ist eigentlich eine ganz lustige Story. Ich war vierzehn Jahre alt, als mein Opa ins Altenheim kam. Irgendwann bin ich mitgefahren, um ihn zu besuchen. Da kam mir ein Bewohner entgegen, der im Rollstuhl saß. Den Mann hatte ich noch nie gesehen, ich kenne ihn bis heute nicht. Er hat die Hand ausgestreckt und gesagt „Schön, dass du da bist!“. Das war ein entscheidender Punkt für mich, da hat sich bei mir im Kopf irgendwas gedreht. In der achten Klasse habe ich ein Praktikum gemacht über zwei Wochen und praktisch in die Altenpflege hinein geschnuppert. Danach war für mich klar, dass ich das unbedingt mal machen möchte. 2009 habe ich eine Ausbildung zum Altenpfleger begonnen. Letztes Jahr habe ich die Ausbildung abgeschlossen und wurde von meinem Arbeitgeber übernommen.
Es gibt ja einige Vorurteile gegenüber der Arbeit in der Altenpflege. Zum Beispiel: Altenpflege ist altmodisch, man ist doch nur eine Hilfskraft, das kann ja jeder. Was würdest du Menschen sagen, die deiner Arbeit mit diesen Vorurteilen begegnen?
Sie sollen es erst einmal selber machen. Meine Meinung ist: Ich kann über keinen Beruf reden, wenn ich ihn noch nie selbst probiert habe. In der Altenpflege arbeitet man mit Menschen, das ist etwas ganz anderes als bei vielen anderen Berufen. Wenn mir irgendetwas im Umgang mit einem Menschen passiert, dann steh ich da und habe ein Problem. Altenpflege bedeutet nicht, einfach älteren Menschen den Hintern abzuwischen.
In deiner Freizeit schreibst und produzierst du Rap-Songs über die Altenpflege. Wie kam es dazu?
Als ich begonnen habe, Musik zu machen, vor etwa vier Jahren, da war es einfach ein Hobby. Ich habe angefangen, Melodien zu machen. Dann kam ich auf die Idee, Probleme, die es in der Altenpflege gibt, aufzuschreiben. Während des Schreibens habe ich im Hintergrund eine Melodie laufen lassen. Und irgendwann habe ich mir gedacht, da gibt es vielleicht eine Verbindung. Dann habe ich den Text umgeschrieben, so dass zum Beispiel ein paar Reimstrukturen drin waren, und das dann mehr oder weniger aus Spaß an der Freude aufgenommen. Dass meine Songs dann so einschlagen würden, damit habe ich nicht gerechnet.
Dein erster Song „Letzte Tür“ beschreibt wie es ist, dement zu sein. In deinem zweiten Song „Vergessenheit und Qual“ geht es allgemein um die Arbeit in der Altenpflege. Du beschreibst darin, was ihr täglich macht: Ihr gebt den Menschen das Gefühl, zu leben, wie sie es verdient haben. Der Song enthält aber auch einen Appell. Du singst, „es gibt zu wenige von uns“ und sprichst die Hörer auch mehrfach direkt an „Hört ihr, was ich sage?!“. Was bezweckst du damit?
Es ist ein Versuch, Menschen auf die Altenpflege aufmerksam zu machen. Ich denke, vielleicht kann man mit Musik nochmal mehr Leute für den Beruf ansprechen. Ob das dann wirklich klappt, wird man sehen. Aber wer hört keine Musik heutzutage? Und wenn dann die Richtigen diese Musik hören, vielleicht fühlen sie sich dann bereit dazu doch mal in den Beruf hinein zu schnuppern.
Wie sind denn die Reaktionen auf deine Songs?
Über das Internet erreiche ich natürlich viele Menschen. Die Abonnenten-Zahlen bei You-Tube sind sehr gut gestiegen. Die Kommentare unter den Videos sind teilweise sehr ehrlich und sehr traurig. Über Facebook kommen auch viele Nachrichten und Fragen, wieso ich das mache, wie ich darauf komme. Die Reaktionen sind schon überwältigend.
In deinem aktuellen Song „Gegen die Zeit“, geht es um den Wettlauf mit der Zeit. Wie gehst du denn damit um? Wie schaffst du es, trotz allem Stress noch Zeit für die Bewohner zu haben?
Ich nehme mir die Zeit. Ich glaube, es ist mittlerweile drei Jahre her, dass ich mal wirklich pünktlich nach Hause gegangen bin. Lieber setze ich mich zehn Minuten hin und erzähle einfach mit den Menschen, mit denen ich erzählen möchte. Ich gehe zufrieden nach Hause, wenn jeder Bewohner wegen mir einmal gelacht hat. Das ist für mich der Sinn der Sache.
Welche Themen gibt es noch, die du gerne ansprechen würdest?
Das nächste Thema, das in meinem Kopf rumschwirrt, ist die zeitraubende Pflege-Dokumentation. Ich muss permanent viel Zeit investieren, um meine Dokus fertig zu kriegen, und habe dann weniger oder gar keine Zeit mehr für den Menschen. Ein anderes Thema wäre der Umgang der Kollegen untereinander. Denn ich bin der Meinung, man ist eigentlich so etwas wie eine große Familie, die sich gemeinsam um die älteren Menschen kümmert. Und trotzdem gibt es Kollegen, die sich nicht leiden können, oder die irgendwie Stress machen, obwohl gar keiner da ist. Das sind die zwei Themen, die ich jetzt schon im Kopf habe.
Hast du schon einen neuen Song in Arbeit?
Ich wollte abwarten, wie der aktuelle Song ankommt. Aber die bisherige Resonanz hat mich eigentlich schon bestätigt: Ende des Jahres oder Anfang des nächsten Jahres möchte ich eine kleine EP, also eine erweiterte Single-CD, rausbringen, mit den drei bisherigen Songs und noch ein paar weiteren. Ich habe schon mit sämtlichen Arbeitskollegen gesprochen, die auch nebenbei Musik machen. Die möchte ich alle zusammentrommeln und gemeinsam mit ihnen die EP aufnehmen. Die Songs werden wir wahrscheinlich wieder ins Netz stellen und die EP in sämtlichen Heimen bei mir im Umkreis Bayern oder auch bundesweit verteilen. Dann gucken wir, wie die Resonanz ist.
Vielen Dank für das Gespräch, Dustin, und weiterhin viel Erfolg mit deiner Musik!
Hier die Songs von DenaBeatz bei Youtube:
Hier der Link zur Facebook-Seite von DenaBeatz!
Text: Diakonie/Sarah Schneider