Das erste Semester meiner Sozialassistentenausbildung im Evangelischen Johannesstift ist rum. Am 27. Januar fieberten wir unseren Zeugnissen entgegen. Die SozA3 (die Vorgängerklasse) und die SozA4 (meine Klasse) versammelten sich zum gemütlichen Beisammensitzen bei Kaffee und Gebäck im Raum 108. Natürlich nachdem wir noch 2 „harte“ Stunden Unterricht hatten 😉 Um 10:30 Uhr wurden die ersten Schüler aufgerufen, um ihr Zeugnis und ein Handschütteln entgegenzunehmen, welches sie mit einer Unterschrift besiegelten. Als mein Name fiel, war ich so vertieft in meiner Unterhaltung, dass man mich mehrmals darauf hinweisen, dass ich nun mein „Giftblatt“ abholen darf. Herzpochend trat ich nach vorn und bevor ich einen ersten Blick drauf werfen konnte, ging es erst einmal durch 3 andere Hände. Und was kann ich dazu sagen? Probezeit bestanden und Zeugnisschnitt von 1,9 J
Hier könnte man jetzt einen Cut machen – ABER. Es folgt noch ein Interview. Ich dachte, ein wenig Abwechslung kann nicht schaden und man sieht die Ausbildung mal aus einem anderen Licht. Meine Interviewpartnerin ist: Lisa. Lisa ist auch eine SozA4-Schülerin aus dem Evangelischen Johannesstift. Sie hat sich bereiterklärt, mir einige Antworten auf meine Fragen zu geben zum Thema: „1 Semester Sozialassistentenausbildung im Evangelischen Johannesstift – erste Eindrücke.“ Lisa ist mit 17 Jahren extra für die Ausbildung aus Niedersachsen (Ruschwedel) nach Berlin gezogen, ohne ihre Eltern. Was ihre Eltern dazu gesagt haben und ob Lisa diesen Schritt bereut hat, erfahrt ihr JETZT. Viel Spaß!
Lisa, wie definierst du „sozial“?
Ich finde „sozial“ hat ganz viel mit Engagement zu tun, man sollte aufmerksam sein – Probleme, Sorgen erkennen und dann auch dementsprechend seine Hilfe anbieten.
Wie bist du drauf gekommen, diese Ausbildung zu machen?
Ich habe ein Praktikum im Kindergarten gemacht. In dieser Zeit habe ich gemerkt, dass mir der soziale Bereich liegt. Dann habe ich mich informiert, welchen Ausbildungsweg man wählen kann und so kam ich auf den Sozialassistenten.
Du bist ja sehr weit von zu Hause weggezogen für die Ausbildung, ohne deine Eltern. Was haben sie dazu gesagt?
Also mein Papa war gar nicht begeistert davon. Meine Mama hat da jetzt kein Drama draus gemacht und ich wollte ja eh ausziehen. Heute haben sich aber beide damit abgefunden.
Welche Erwartungen und Vorstellungen hattest du an Ausbildung?
Eigentlich hatte ich gar keine Erwartungen. Wollte es auf mich zukommen lassen. Natürlich hab ich gehofft, dass ich etwas über Pflege und soziales Verhalten lerne.
Deine Sicht heute?
Ich hab auf jeden Fall etwas gelernt, aber ich habe es mir schwerer vorgestellt.
Was gefällt dir am besten an der Ausbildung?
Mir gefällt das Lernfeld 2 „Pflege“ ganz gut – das liegt mir einfach und außerdem find ich es interessant zu lernen wie man mit Menschen umgeht in verschiedenen Lebenswelten.
Wovon bist du enttäuscht?
Ich finde es schade, dass die Schule meiner Meinung nach falsche Prioritäten setzt, weil sie das Geld, welches wir zahlen müssen, braucht – und ein wenig von der Schule im Allgemeinen. Dann find ich den Unterricht teilweise langweilig, da einige Themen mir persönlich zu sehr in die Länge gezogen werden.
Bist du heute noch davon überzeugt dich richtig entschieden zu haben?
Definitiv ja! Gerade in den 6 Monaten habe ich gemerkt, dass das hier voll mein Ding ist.
Was denkst du, inwieweit spielt das Alter in sozialen Berufen eine Rolle?
Ich denke, es spielt eine sehr große Rolle. Persönlich finde ich, viele Schüler, die mit 16-17 Jahren aus der Schule kommen, sind noch nicht so reif, um Verantwortung für andere Menschen zu übernehmen. Es gibt aber auch Ausnahmen – wie mich J Und eine gewisse Reife und auch Lebenserfahrung sollte man haben, um Situationen zu erkennen, richtig damit umzugehen und auch persönlich verarbeiten zu können.
Da die Sozialassistentenausbildung eine schulische ist wird ja sehr viel Theorie vermittelt, denkst du damit ist man genug auf die spätere Arbeitswelt vorbereitet?
Ja, ich denke schon, da Theorie sehr wichtig ist. Keine Praxis ohne Theorie, sag ich da. Das habe ich auch im Praktikum gemerkt. Ich finde sogar, es könnte noch ein bisschen mehr Theorie sein. Viele Themen werden einfach nur angeschnitten und nicht vertieft.
Wo hast du dein Orientierungspraktikum gemacht und was hast du in diesen 4 Wochen gelernt?
Mein Orientierungspraktikum habe ich in einer Schule für behinderte Kinder gemacht. Ich habe einiges über die verschiedenen Krankheitsbilder gelernt und natürlich etwas über das Verhalten im Umgang mit behinderten Menschen.
Aus einer großen Auswahl heraus an Schulen hast du dich für die Sozialen Fachschulen im Evangelischen Johannesstift entschieden. Warum?
Erst einmal wollte ich eh von zu Hause weg. Und ich hatte einfach ein gutes Gefühl bei dieser Schule. Mir gefiel das Klima, das Prinzip der Schule – ich hatte einfach Gefühl, hierher zu gehören, und zu meinem Glück bekam ich auch schnell eine Zusage.
Wohin führt dich dein Weg nach der Ausbildung?
Auf jeden Fall möchte ich noch eine fachliche Ausbildung machen. Ich bin mir noch nicht sicher, ob Erzieher oder Heilerziehungspfleger.
Was gibst du denen mit, die einen sozialen Beruf anstreben?
Man sollte sich sicher sein, diesen Beruf machen zu wollen, und nicht weil andere das wollen oder Freunde das machen. Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass man mit Menschen arbeitet in verschiedenen Lebenswelten und man damit umgehen können muss. Ziele setzen, was man nach der Ausbildung machen will, ist wichtig.
Warum hast du dich für das Interview bereit erklärt?
Ich finde es gut, wenn man sich vorab über die Ausbildung informieren kann. Man bekommt Informationen aus erster Hand und es ist nicht so unpersönlich wie diverse Fachseiten.
Das letzte Wort!
Ich möchte allen Mut machen, den Schritt zu wagen, von zu Hause wegzugehen, wenn sie das gerne möchten. Es ist eine tolle Erfahrung. Man darf ruhig was riskieren. Ich bereue den Schritt nicht, es hat mich stärker gemacht.
Danke Lisa, dass du uns deine persönliche Sicht so ehrlich offengelegt hast! Und euch danke ich wieder fürs Lesen. Ich wünsche euch eine schöne Woche und tolle Restferien. Im nächsten Blog werdet ihr erfahren, was Daniel uns zu erzählen hat. Bis bald, liebe Grüße, Candy J