Lisa (heute 25), die euch auf soziale-berufe.com die Ergotherapie-Ausbildung vorstellt, hat ihre Ausbildung erfolgreich beendet. Seit 1,5 Jahren arbeitet sie in einer Therapiepraxis in Aachen. Nebenher macht sie eine Weiterbildung in sensorischer Integrationstherapie. Diese Therapieform soll das Zusammenspiel der Sinne, wie Riechen, Hören und Schmecken, vor allem bei Kindern verbessern. Wie sie das alles unter einen Hut bekommt, was sie nach ihrer Ausbildung alles noch lernen muss und wie ihr Arbeitsalltag aussieht, erzählt Lisa im Interview.
Hier die anderen Teile unserer Serie: Was ist aus ihnen geworden?
Lisa, du arbeitest mittlerweile 1,5 Jahre in der Therapiepraxis. Bist du schon richtig im Arbeitsleben angekommen?
Ich muss sagen, ich lerne jeden Tag mehr und komme immer weiter in die Arbeit rein. Es macht auf jeden Fall viel Spaß. Aber ich habe gemerkt, dass man nach der Ausbildung noch viel Zeit braucht. Man hat eine Grundausbildung, das heißt man weiß von allem etwas. Aber wenn es dann um spezielle Dinge geht, wird es schwierig. In einer Praxis muss man viele verschiedene Bereiche abdecken: Man hat zum Beispiel mit Schlaganfall- und Demenzpatienten zu tun, mit Kindern und Gruppen. Da muss man sich nach der Ausbildung noch sehr einarbeiten. Es kommt immer wieder etwas Neues und man lernt immer mehr.
Wird man als Neuling denn noch speziell begleitet oder angeleitet?
Das ist je nach Praxis unterschiedlich. Ich habe zuerst in einer anderen Praxis angefangen, da wurde ich mehr oder weniger ins kalte Wasser geworfen. Ich habe ein paar Wochen lang eine andere Therapeutin begleitet, dann habe ich selber Patienten übernommen. Ich bekam zwar noch etwas mehr Zeit, um mich einzuarbeiten, und musste noch nicht so viele Therapien selber machen. Mir fehlten dort aber vor allem der Austausch mit den Kollegen. In meiner jetzigen Praxis ist das anders. Wir haben wöchentlich eine Teamsitzung mit allen Kolleginnen. Bei Fragen oder wenn man mit Patienten nicht weiterkommt, hat man dort immer die Möglichkeit, Rücksprache zu halten. Wir tauschen uns auch zwischen den Therapien viel untereinander aus. Unsere Chefin sehr engagiert und nimmt sich immer Zeit für ein Gespräch, wenn es ein Problem gibt. Das hilft sehr und ist auch nötig.
Wie sieht dein Arbeitsalltag in der Praxis aus?
Man hat zwischen 7 und 10 Patienten am Tag, meist alle direkt hintereinander . Der eine kommt beispielsweise um viertel nach zehn und bleibt bis elf, der nächste kommt um elf. Man kommt also raus aus der Therapie, dann ist der nächste schon da und es geht weiter. Die Pausen dazwischen regelt jede Praxis anders. Wir haben eine Mittagspause und nachmittags eine Viertelstunde Pause. Die geht aber oft unter, weil man die Therapien auch mal länger macht. Und zwischendurch, wenn zum Beispiel ein Patient absagt, machen wir Bürokram: Berichte schreiben, telefonieren, Termine koordinieren, uns um Rezepte kümmern. Häufig werden Rezepte zum Beispiel von den Ärzten falsch ausgefüllt. Dann müssen wir das ändern lassen. Wir müssen auch Akten führen und dokumentieren. Das erledigen wir aber, soweit möglich, während der Therapiesitzung.
Hast du erwartet, dass so viel Papierkram auf dich zukommt?
Doch, davon bekommt man in der Ausbildung schon einen ganz guten Eindruck. Mir macht es auch Spaß, denn es ist ein ganz guter Ausgleich, einfach vor dem PC zu sitzen und irgendetwas einzutippen. Das ist manchmal auch ganz entspannend.
Was macht dir denn weniger Spaß?
Was mir manchmal zu schaffen macht, ist der Zeitdruck. Es ist schwierig, so viele Therapien und dazu noch alle organisatorischen Sachen zeitlich zu schaffen, ohne Überstunden zu machen. Und man muss sehr flexibel sein, was die Arbeitszeiten angeht. Denn die richten sich danach, wie die Patienten Zeit haben. Die Arbeit geht daher auch mal recht spät in den Abend hinein. Das ist dann schon anstrengend.
Wem würdest du eine Ergotherapie-Ausbildung empfehlen?
Man braucht auf jeden Fall Geduld und Belastungsfähigkeit. Es ist aber schwierig, das so allgemein zu sagen, da die Arbeitsplätze so unterschiedlich sind. In einer Praxis zu arbeiten ist etwas ganz anderes als zum Beispiel in der Psychiatrie, in der Klinik oder in einem Kindergarten.
In einer Praxis ist die enge Taktung der Therapien sehr anstrengend – man muss viele Therapien hintereinander machen. Und man muss auch darum herum viele verschiedene Sachen leisten: mit Ärzten, Kindergärten oder Schulen sprechen, sich um Rezepte kümmern. Da muss man schon belastungsfähig sein. Man muss sich gut auf die verschiedene Menschen einstellen können, die man behandelt. Und man sollte ein gewisses Selbstbewusstsein haben. Denn wenn man als Therapeut sehr unsicher ist und sich nichts zutraut, wirkt sich das auch auf den Patienten negativ aus.
Warum hast du dich entschieden, neben dem Job noch eine Weiterbildung in sensorischer Integrationstherapie zu machen? Und wie bekommst du beides unter einen Hut?
Die Fortbildung in sensorischer Integrationstherapie ist eine der großen und wichtigen Weiterbildungen, wenn man mit Kindern arbeiten möchte. Sie dauert ein Jahr. Wir haben vier Seminare über jeweils ein Wochenende inklusive Montag. Dazwischen bekommt man Hausaufgaben. Derzeit muss ich zum Beispiel bei einem Kind einen umfangreichen Befund erstellen und das in einem Film dokumentieren. Am Ende gibt es eine Abschlussprüfung. Nächstes Jahr im Sommer bin ich fertig. Die Weiterbildung ist mit meiner Chefin abgesprochen und wird auch finanziell gefördert. Wir Therapeutinnen bekommen Fortbildungstage, also muss ich für die Seminartage an den Montagen keinen Urlaub nehmen. Lernen und die Hausaufgaben, das muss ich natürlich nebenher machen, nach der Arbeit zuhause.
Du hattest auch mal die Idee, später in der tiergestützen Therapie zu arbeiten. Verfolgst du das noch?
Die Idee schwirrt noch in meinem Kopf herum. Aber die Fortbildungen sind leider sehr teuer, das kann ich gerade nicht finanzieren. Daher ist das jetzt erst einmal hintangestellt. Aber es ist noch in meinem Kopf, mal schauen.
Vielen Dank für das Gespräch, Lisa! Und viel Erfolg für deine Weiterbildung!