Eine Chance, die sie nutzen wollen: Sozialer Beruf für Hauptschüler*innen

Angehende Heilerziehungsassistenten der Diakonie Stetten

Angehende Heilerziehungsassistenten der Diakonie Stetten (v.l.n.r.): Nadine Burkhardt, Ilhan Aydin, Mauritio Grimaldini, Aaron Pohl, Madlen Kramer bei einer Gruppenarbeit.

Seit September 2014 können Schülerinnen und Schüler mit Hauptschulabschluss eine Ausbildung zum Heilerziehungsassistenten an der Ludwig Schlaich Akademie (LSAK) der Diakonie Stetten machen.

„Ich fühle mich stolz, wenn ich bei den Menschen ein Lächeln herbeizaubern konnte.“ Ilhan Aydin ist 21 Jahre alt, hat einen Hauptschulabschluss, Lehrversuche im Handwerk („Da hat mir der Umgang nicht gefallen!“) und ist nun einer der Pioniere im neuen Ausbildungsgang zum Heilerziehungsassistenten/zur Heilerziehungsassistentin an der LSAK in Waiblingen. Im neuen Schulgebäude an der Devizesstraße können die 22 Auszubildenden seit September 2014 einen Beruf lernen, der ihnen mit dem Schulabschluss den sie mitbringen, bisher verschlossen war: Mit der vom Sozialministerium Baden-Württemberg eingeführten zweijährigen Ausbildung ist nun auch die Tür für Hauptschülerinnen und Hauptschüler geöffnet. Und der erste Jahrgang an der LSAK zeigt jetzt schon, dass das eine gute Entscheidung war.

Die meisten haben ihre ersten Erfahrungen als Bundesfreiwilligendienstler oder im Freiwilligen Sozialen Jahr gemacht und dabei gemerkt, dass ein Beruf im sozialen Bereich durchaus etwas für sie sein könnte. Nur blieb ihnen der Zugang bisher verschlossen. „Ohne Realschulabschluss hast du keine Chance“, weiß Madlen Kramer. Doch nochmal auf die Schule gehen, das wollte sie nicht. Sie ist glücklich darüber, dass sie einen Beruf lernen kann, der ihr jetzt schon Spaß macht. Und nicht nur das: „Ich bekomme hier Wertschätzung und eine Chance“, sagt sie. Eine Chance, die sie nutzen will: Nach der zweijährigen Ausbildung, die ihr nach erfolgreichem Abschluss auch eine Bescheinigung über einen dem Realschulabschluss gleichwertigen Bildungsstand beschert, will sie weitermachen in diesem Bereich.

Nadine Burkhardt hat eine fünfjährige Tochter und lange Zeit ihren Bruder, der Autist ist, mitbetreut. „Das hat mich berührt“, sagt sie und sie will sich mit ihrer Arbeit dafür einsetzen, dass Menschen, die eine Behinderung haben, „gut betreut werden“. Dabei gehen auch ihre Zukunftspläne schon weiter: Irgendwann, so ihr Traum, möchte sie selbst eine Einrichtung eröffnen.  Maurizio Grimaldi hatte zunächst eine Ausbildung zum Koch angefangen. Doch die Arbeit, die er nun macht, „die passt besser zu mir.“ Professionell spricht er davon, wie wichtig es sei, „eine Beziehung zu den Menschen aufzubauen“, und er lobt die Schule und die Dozenten. Auch Gina Wahl schliesst sich dem an: „Ich war bisher oft unterfordert, hier lernt man was“. Die Auszubildenden haben an zwei Tagen in der Woche Schule, an den anderen Tagen arbeiten sie in ihrer Einrichtung. Und von dort bringen sie praktische Erfahrungen mit, die sofort in den Unterricht einfließen. So lernt auch die Dozentin Hedy Brugger von ihren Schülerinnen und Schülern. Von Aaron Pohl etwa, der in einer Einrichtung der Lebenshilfe arbeitet und Kinder von Eltern mit Behinderung mitbetreut.

„Hier geht alles ineinander über“, erzählt Hannah Speck. Die Auszubildenden haben keine einzelnen Fächer mehr, sondern lernen in sogenannten Modulen Themen aus sehr verschiedenen Blickwinkeln zu begreifen. Und „wir haben die Möglichkeit“, uns einzubringen“, sagt Madlen Kramer. Das Wissen, die Erfahrungen, die sie in ihrem beruflichen Alltag sammeln, wird in der Schule wertgeschätzt, findet seinen Platz im Unterricht und auch die Kolleginnen und Kollegen können davon profitieren. Für viele der Schülerinnen und Schüler ist ganz offensichtlich eine große Tür in ihrer Zukunft aufgegangen. Und sie haben Ideen: Madlen Kramer kann sich vorstellen, sich  im Anschluss an die Ausbildung noch zusätzlich im handwerklichen Bereich zu qualifizieren. Sie hat in ihrem Alltag schon oft beobachtet, wie wichtig es für Menschen mit Behinderung ist, dass sie gute Hilfsmittel haben. Und die, so ihr Gedanke, muss jemand entwerfen und bauen, der weiß, was diese Menschen brauchen.

Information: Heilerziehungsassistenten und -assistentinnen  begleiten und pflegen Menschen mit Behinderung. Sie unterstützen die Fachkräfte. Die Ausbildung an der LSAK dauert zwei Jahre. Die Schülerinnen und Schüler sind abwechselnd im Unterricht und in ihrer Praxiseinrichtung. Wer die Ausbildung machen will, braucht einen Hauptschulabschluss oder einen gleichwertigen Bildungsabschluss und einen geeigneten Ausbildungsplatz für die praktische Ausbildung. Nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung gibt es die staatliche Anerkennung zum „Staatlich anerkannten Heilerziehungsassistent/-assistentin“. Außerdem eine Bescheinigung über einen dem Realschulabschluss gleichwertigen Bildungsstand. Alle Informationen unter www.LSAK.de!