Wenn man auf einer Kinderstation arbeitet, ist man mit der Zeit die ein oder andere Quengelei gewöhnt. Klar, selbst die meisten Erwachsenen mögen blutsaugende Laborschwestern mit Spritze nicht sonderlich. Kinder dagegen verabscheuen sie in 99% der Fälle. Dabei ist Blutabnehmen nicht das einzige Event mit Quengelfaktor. Besonders nach einer OP bleiben Schmerzen, mit denen viele nicht gut umgehen können. Hinzu kommen vielleicht schlechte Erfahrungen mit der blutsaugenden Laborschwester, die selbst ein harmloses Fieberthermometer furchteinflößend werden lassen. Besonders dann ist es wichtig, den Kindern mit etwas Ablenkung oder einem kleinen Spaß zur Seite zu stehen.
Ole reicht’s
Der kleine Ole* hatte nach seiner zweiten Hüftrekonstruktion anscheinend genug von Krankenhaus(schreck)erlebnissen. Die meiste Zeit jammerte oder weinte er leise in seinem Bett, weil er trotz Schmerzmittel schmerzbelastet war. Wagte es eine Schwester auch nur in seine Nähe, machte er sich lautstark bemerkbar und verdeutlichte, dass sie ihn besser nicht berühren sollte. Nun gehört die eine oder andere Berührung zwangsläufig zum Job der Schwestern hinzu, so auch, als Ole ein Zäpfchen bekommen sollte.
Was wirst du zu Fasching sein?
Kaum hatte ich gemeinsam mit einem Pfleger das Zimmer betreten, begann er los zu brüllen. Mir fiel das papierene Clownsgesicht ins Auge, das über seinem Bett, direkt neben seiner Tapferkeitsurkunde baumelte.
„Ole, was wirst du denn zu Fasching sein?“, fragte ich ihn. Ganz plötzlich hatte ich die Aufmerksamkeit des kleinen Manns, der jäh verstummte.
„Also… ich glaube ein Clown“, murmelt er leise. „Und welche Farbe hat die Nase von deinem Clown?“, fragte ich ihn und drehte ihn während dessen ganz langsam auf die Seite. „Hmm. Rot!“, kam die Antwort prompt, aber Weinen blieb aus. „Kann dein Clown denn Kunststücke?“, fragte ich ihn. In meiner Fantasie sah ich schon einen Clown auf einem Einrad über ein Balancierseil fahren. Aber Ole hatte eine bessere Idee. „Er wirft seinen Hut in die Luft und fängt ihn wieder auf.“ Ein kleines, schüchternes Lächeln huschte über sein Gesicht. „Oh wie schön“, sagte ich und ließ Ole langsam wieder auf den Rücken gleiten. „Darf ich den Clown mal kennenlernen?“. Das Zäpfchen saß und Ole hatte kein einziges Mal geweint. „Ja“, antwortet er mir amüsiert. „Aber erst muss Mama das Kostüm bestellen.“ Nun war es an mir innerlich zu lachen, auch vor Erleichterung, denn ich hatte den kleinen Quengler beruhigt.
FSJ ist „Gutes tun“
Mein inneres Rumpelstilzchen hüpfte anlässlich des Erfolgserlebnisses im Kreis. Es verdeutlichte mir wieder einmal wie unkompliziert meine Arbeit im FSJ den Tag der Patienten erleichtern kann. Ich kann im wahrsten Sinne des Wortes anderen Menschen „Gutes tun“. Schon ein kleines Ablenkungsmanöver, wie das Clownsgesicht, reicht um den Krankenhausalltag für die kleinen Patienten stressfreier zu gestalten.
*Name geändert