„So hast du dir dein FSJ vermutlich auch nicht vorgestellt! Diesen Satz bekomme ich in letzter Zeit des Öfteren zu hören. Jedoch nicht von Freunden oder Verwandten. Nein, von meiner eigenen Einsatzstelle. Und es stimmt. So hat sich vermutlich niemand das FSJ vorgestellt. Der Corona Virus schränkt uns in vielen unserer Lebensbereiche ein. Und so auch im FSJ. Viele, die beispielsweise im Kindergarten oder ähnlichen Einrichtungen arbeiten, sitzen vermutlich gerade Zuhause oder erledigen andere Aufgaben als die Üblichen.
Aber dann gibt es auch noch die anderen Stellen. Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und so eben auch mein Einsatzort. Und in diesen Bereichen ist jede Hilfe gebraucht. Das bekommt man als FSJ‘lerin vor allem in dieser Zeit zu spüren. Ich mache mein FSJ von Anfang Januar bis Ende Juni 2020 im Hans-Sachs-Haus in Stuttgart.
Dabei handelt es sich um eine diakonische Einrichtung für Personen in sozialer Ausgrenzung und Wohnungsnot. Aufgenommen werden alleinstehende wohnungslose Männer und Paare, denen Wohnraum und begleitende Unterstützung durch sozialpädagogische Fachkräfte angeboten wird. Da die Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner eine persönliche Anwesenheit aller Mitarbeitenden vor Ort erfordert, um den notwendigen Versorgungs- und Betreuungsauftrag erfüllen zu können, bleibt die Einrichtung geöffnet.
Dienstplan im Corona-Modus
Zurzeit arbeiten wir nach einem Schichtplan, eingeteilt in zwei Teams. In jedem Team findet sich mindestens eine Ansprechperson für alle erforderlichen Bereiche (z.B. Haustechnik, Aushilfe, Sozialarbeiter*in, …). Die Teams arbeiten wöchentlich und begegnen sich somit nicht untereinander, müssen aber auch in ihrer freien Woche jederzeit einsatzbereit sein. Sollte es in einem Team einen Corona Fall geben, so müsste dieses Team in Quarantäne gehen. Um die Arbeit jedoch aufrecht erhalten zu können, springt dann das andere Team ein und übernimmt sozusagen 100% und arbeitet jede Woche, bis das andere Team wieder aus der Quarantäne entlassen wird. So ist zumindest der Plan. Wie lange das Ganze funktioniert, ist eine andere Frage. Bis jetzt klappt es auf jeden Fall ganz gut.
Die Krise bringt nicht nur Negatives mit sich
Ich war letzte Woche Zuhause und hatte dementsprechend sehr viel Freizeit. Anfangs freut man sich und denkt, man hat endlich Zeit die Dinge zu tun, zu denen man sonst nicht kommt. Doch schon nach dem zweiten Tag bemerkte ich, wie mir dieser Arbeitsrhythmus fehlte. Vorher kam man endlich mal raus aus dem Haus und hatte etwas zu tun. Und allgemein macht mir meine Tätigkeit dort auch Spaß und ich gehe gerne hin. Doch das fiel jetzt erstmal weg. In solchen Zeiten lernt man andere Dinge sehr zu schätzen, auf die man sonst nicht so viel geachtet hat.
Wie etwa die schnelle und gute Organisation zur Anpassung an die aktuelle Lage zum Schutz der Mitarbeitenden und Bewohner*innen. Vor etwa zwei Wochen, als die Zahlen der Infizierten rasant anstieg und eine Empfehlung nach der anderen zur Vermeidung der weiteren Ausbreitung ausgesprochen wurde, traten bei uns auch stückweise Änderungen in Kraft. An unserem Empfangsbereich, der Pforte, beispielsweise wurde von jetzt auf nachher eine Plexiglasscheibe aufgestellt, welche in Windeseile im hauseigenen Werkstättle von unseren Bewohnern angefertigt wurde. Den Sicherheitsabstand signalisiert man mit Hilfe von Klebebandstreifen auf dem Boden, wobei die zwei Meter genau mit dem Meterstab abgemessen wurden. Es wurden Aushänge angefertigt, in denen allen erklärt wurde, wie man sich richtig die Hände wäscht und an wen man sich im Verdachtsfall einer Infizierung wenden kann. Persönliche Gespräche zwischen Bewohner*innen und Sozialarbeiter*innen finden nur noch in besonderen Fällen und natürlich mit ausreichend Abstand statt. Die Bewohner und Bewohnerinnen zeigen sich überwiegend kooperativ und verständlich und loben teilweise sogar unsere Mühen. Und es fand ein gemeinsames Gespräch im Team statt, in dem wir die weiteren Maßnahmen regelten. Das alles fasste innerhalb einer Woche Fuß, dank der guten Kooperation von allen mit dem Haus verknüpften Stellen, den Mitarbeitenden und den Bewohner*innen.
Betreuung in Corona-Zeiten
Trotz des ganzen Umschwungs und des Stresses werde ich als FSJlerin nie aus den Augen gelassen. Obwohl meine Anleiterin zu der Zeit im Urlaub war, wurden mir alle wichtigen Informationen übermittelt. Und so wurde ich von meinem Chef mehrmals auf die Situation angesprochen und er erklärte mir wiederholt, dass ich angesichts der aktuellen Lage nicht arbeiten muss, wenn mir das zu unsicher ist. Doch ich entschied mich dafür weiter zu machen. Und ich bin froh, dass ich diese Entscheidung getroffen habe. Denn zu dieser Zeit ist wirklich jede Hilfe nötig. Ja, so habe ich mir mein FSJ vermutlich nicht vorgestellt. Aber ist es deshalb gleich etwas Schlechtes? Nein. Es ist schön, anderen Menschen helfen zu können, und das vor allem während der jetzigen, schweren Zeit. Und auch wenn die Arbeit nun etwas anders ist als sonst, sind die Aufgaben doch immer noch die gleichen. Und das wichtigste von allem ist, dass die Menschen, mit welchen ich zusammenarbeiten darf, von Bewohner*innen bis Mitarbeitenden, immer noch dieselben sind. Der Zusammenhalt ist größer denn je. Und das ist auch wichtig. Denn nur wenn jetzt alle an einem Strang ziehen, können wir diese schwere Lage meistern.“
Chiara (20 Jahre) macht ihr Freiwilliges Soziales Jahr im Hans-Sachs-Haus in Stuttgart, einer Einrichtung der Diakonie Württemberg. Hast du auch Interesse an einen Freiwilligendienst? Dann informier´dich auf der Website ran ans Leben über die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten im Raum Baden-Württemberg. Und hier kannst du dich online bewerben!
Mehr Infos zu Freiwilligendiensten und zum Ehrenamt findet ihr im Hilfeportal der Diakonie Deutschland.
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