Ob Kite-Surfen oder Schlangen züchten: In jedem Spezialgebiet treffen sich interessierte Menschen im Internet oder „in echt“, teilen ihre Erfahrungen, Erfolge und Sorgen und geben sich gegenseitig Tipps. Diese Möglichkeit gibt’s auch für Pflegeschüler! Wenn ihr andere (Diakonie-)Azubis & Studis aus euren Ausbildungs- und Studiengängen aus ganz Deutschland kennenlernen und euch mit ihnen über den Berufsalltag oder eure Zukunftspläne unterhalten möchtet, seid ihr im Internet unter www.facebook.com/SozialeBerufe richtig. Wer sich lieber „in echt“ treffen möchte, kann sich zum Beispiel an den Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe wenden. Seine Regionalverbände bieten Arbeitsgruppen für den Nachwuchs an, bei denen Schüler konfessioneller und nicht-konfessioneller Ausbildungseinrichtungen mitmachen.
Jens Dominik Roeder ist ehrenamtlicher Koordinator der Arbeitsgruppe Junge Pflege im DBfK Nordwest. Herr Roeder, mit welchen Fragen und Sorgen kommen denn die Pflege-Azubis und -Studis zu den Treffen Ihrer AG?
Vor allem der schlechte Personalschlüssel macht den Auszubildenden kurz vor ihrem Abschluss große Sorgen. Die Auszubildenden fangen an, sich mit ihrer zukünftigen Rolle als examinierte Fachkräfte auseinander zu setzen und merken, dass sie für so viele Patienten eigentlich unmöglich gleichzeitig verantwortlich sein können. Das macht erstens Angst vor der Verantwortung und führt zweitens dazu, dass die Burnout-Gefahr sehr groß ist.
In der Altenpflege erfahren wir aus Gesprächen immer wieder, wie gering selbst die Auszubildenden ihren eigenen Beruf schätzen – von der Anerkennung durch Medien, Gesellschaft und Politik mal ganz abgesehen. Dabei können Pflegende stolz auf ihre Berufswahl sein: Sie haben Leben in der Hand, gestalten Alltagsumgebungen und sind diejenigen, mit denen die Patienten ihr Gesund-werden am ehesten verbinden.
Und wie setzen Sie sich dann für die Anliegen des Nachwuchses ein?
Wir sorgen dafür, dass die Rahmenbedingungen in der Ausbildung und im Berufsstart möglichst gut gestaltet sind. Deswegen setzen wir uns zum Beispiel dafür ein, dass Auszubildende eine qualifizierte Praxisanleitung bekommen und nicht als Füllmaterial in engen Dienstplänen ausgenutzt werden. Für Studierende gilt es in den kommenden Jahren vor allem, den Einrichtungen verständlich zu machen, wo die besonderen Qualifikationen von Bachelor-Absolventen liegen. Es gibt wenig frustrierenderes, als wenn Absolventen unterhalb ihrer Fähigkeiten eingesetzt werden.
Hat sich (durch die Arbeit der AG) die Situation für Pflegeschüler und Studis in den vergangenen Jahren verbessert?
Ja – mit zwei großen jährlichen Veranstaltungen, dem „Junge Pflege Kongress“ im Mai im Ruhrgebiet und der studentischen Fachtagung „Zeit der Veränderung – Ich studiere Pflege“ im November in Hamburg sorgen wir jedes Jahr dafür, dass sich junge Pflegende vernetzen können, Informationen bekommen und selbst Visionen für ihre Zukunft entwickeln.
Zudem nehmen wir mit Positionspapieren selbst Einfluss auf politische Prozesse – auch wenn es schwer ist, daraus sofort eine Verbesserung messbar zu machen. Häufig genügt es aber auch schon, dass junge Pflegende beginnen, sich bewusst mit ihrer Situation auseinander zu setzen. Denn verbessern müssen sich nicht die Auszubildenden, sondern die Situation, in der sie sich befinden. Und das hat jeder selbst in der Hand.
Haben die jungen Leute denn auch selbst das Gefühl, dass es sich gelohnt hat, in der AG mitzumachen?
Wer eine Weile Mitglied der AG ist, ist danach kaum wieder zu erkennen. Unsere Mitglieder verstehen dann sehr schnell, dass nicht sie Schuld daran sind, wenn sie vor lauter Aufgaben nicht mehr wissen, wo ihnen der Kopf steht, und dass es nicht ihr Fehler ist, wenn die Zeit nicht ausreicht, um das umzusetzen, was man in Ausbildung und Studium lernt. Unsere Mitglieder tauschen sich darüber aus und stellen fest, dass es allen so geht. Das nimmt viel schlechtes Gewissen und sorgt dafür, dass man ein Verständnis dafür bekommt, was wir „Rahmenbedingungen in der Pflege“ nennt: Ein niedriger Personalschlüssel, sinkende Krankenhausverweildauern und eine Zunahme von multimorbiden Patienten mit komplexen Herausforderungen sind die Gründe für einen stressigen Arbeitsalltag, und nicht eine schlechte Arbeitsleistung.
Mit welchen Worten würden Sie den Pflegenachwuchs motivieren, sich in Gruppen wie Ihrer zu engagieren – was habe ich persönlich davon?
Neben einem starken Netzwerk vor allem Erfahrungen, die man sonst in der Pflege nicht machen könnte. Hinter die Kulissen eines Kongresses zu sehen, vielleicht sogar selbst auf der Bühne zu stehen und zu moderieren, ist eine unschätzbare Erfahrung. Zudem kann sich jeder seinen eigenen kleinen „Spielplatz“ suchen, auf dem er sich austobt. Ob das die Vernetzung mit Medizinstudenten ist, ein offener Brief an Bundesminister oder die Teilnahme auf europäischen Kongressen – die AG ist immer das, was ihre Mitglieder daraus machen. Und wir haben die Möglichkeit, die Zukunft zu gestalten, in der wir später selbst arbeiten.
Vielen Dank, Jens Dominik Roeder von der AG Junge Pflege im DBfK Nordwest! Über eure Arbeit als Nachwuchs-Pfleger/innen austauschen könnt ihr euch bei den AG-Treffen oder auch bei uns unter www.facebook.com/SozialeBerufe.
1 Kommentar Schreibe einen Kommentar